8C_166/2022 13.10.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_166/2022  
 
 
Urteil vom 13. Oktober 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiber Hochuli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Personalvorsorgeeinrichtung 
der Gruppe A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Gnädinger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin, 
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Amanda Guyot. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 28. Januar 2022 (IV 2020/255). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
B.________, geboren 1967, ist gelernter Elektromonteur. Nach einem Bandscheibenvorfall vom 23. März 2002 meldete er sich am 8. Oktober 2002 erstmals bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen (fortan: IV-Stelle oder Beschwerdegegnerin) übernahm die Änderung am Motorfahrzeug (Einbau eines ergonomischen Autositzes) als Hilfsmittel (Verfügung vom 31. Januar 2003). Wegen einer Verschlimmerung seiner Beschwerden reichte er am 4. August 2004 erneut ein Leistungsgesuch ein. Nach erwerblichen und medizinischen Abklärungen sowie erfolgreicher Selbsteingliederung lehnte die IV-Stelle einen Anspruch auf berufliche Massnahmen ab (Verfügung vom 10. September 2007). 
 
In einem Vollzeitpensum arbeitete B.________ zuletzt vom 1. November 2013 bis zum 12. Mai 2014 als Servicetechniker der A.________ AG (fortan: Arbeitgeberin). Infolge seiner Überforderungsgefühle im Arbeitsprozess und einer depressiven Störung mit Suizidalität veranlasste sein Hausarzt eine stationäre Einweisung in die Klinik C.________, wo B.________ vom 13. Mai bis 3. Oktober 2014 und vom 11. April bis 22. Juli 2017 hospitalisiert blieb. Am 8. Juli 2014 meldete er sich unter Verweis auf psychische Beschwerden (seit 1992 bestehende Depression und Ängste) und eine anhaltende Arbeitsunfähigkeit (ab 12. Mai 2014) erneut zum Leistungsbezug an. Die Arbeitgeberin löste das Arbeitsverhältnis aus gesundheitlichen Gründen per 30. November 2014 auf. Gestützt auf die Expertise des Neurologen und Psychiaters Prof. Dr. med. D.________ vom 6. November 2019 ermittelte die IV-Stelle einen Invaliditätsgrad von 51 %, worauf sie B.________ mit Vorbescheid vom 19. Juni 2020 die Zusprache einer halben Invalidenrente in Aussicht stellte. Hiergegen erhob die Personalvorsorgeeinrichtung der Gruppe A.________ (fortan: PK A.________ oder Beschwerdeführerin) den Einwand, es liege keine Invalidität im Sinne des Gesetzes vor, weshalb B.________ keinen Anspruch auf eine Invalidenrente habe. Nach Prüfung der Einwände sprach die IV-Stelle B.________ rückwirkend vom 1. Mai 2016 bis 30. April 2018 sowie vom 1. November 2018 bis 31. Oktober 2020 (Verfügung vom 17. November 2020) und ab 1. November 2020 unbefristet eine halbe Invalidenrente (Verfügung vom 23. Oktober 2020) zu. Vor dem 1. Mai 2016 und vom 1. Mai bis 31. Oktober 2018 bezog B.________ während Arbeitsversuchen ein Taggeld der Invalidenversicherung. 
 
B.  
Die gegen beide Verfügungen vom 23. Oktober und 17. November 2020 erhobene Beschwerde der A.________ wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen ab (Entscheid vom 28. Januar 2022). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt die A.________ beantragen, die Rentenberechtigung des Versicherten sei unter Aufhebung der beiden Verfügungen der IV-Stelle vom 23. Oktober und 17. November 2020 zu verneinen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz respektive an die Beschwerdegegnerin zur rechtskonformen Abklärung zurückzuweisen. 
 
Während der als Mitinteressierter beigeladene B.________ auf Abweisung der Beschwerde schliesst, soweit darauf einzutreten sei, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung; in diese greift das Bundesgericht auf Beschwerde hin nur bei Willkür (dazu BGE 146 IV 88 E. 1.3.1) ein, insbesondere wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche grundlos ausser Acht lässt. Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen. Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.2 mit Hinweisen; Urteil 8C_144/2022 vom 11. August 2022 E. 1.2).  
 
1.3. Die vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit sind tatsächlicher Natur (BGE 132 V 393 E. 3.2), weshalb sie das Bundesgericht seiner Urteilsfindung zugrunde zu legen hat. Gleiches gilt für die konkrete Beweiswürdigung. Dagegen betrifft die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfragen (BGE 146 V 240 E. 8.2 mit Hinweisen).  
 
2.  
Strittig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der Beschwerdegegnerin am 23. Oktober und 17. November 2020 verfügte Rentenzusprache schützte. 
 
2.1. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem hier angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Verfügungen ergingen vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1, 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar (BGE 148 V 174 E. 4.1).  
 
2.2. Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen und die Rechtsprechung betreffend die Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), die Invalidität (Art. 8 ATSG) und die Voraussetzungen des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 f. IVG) richtig dargelegt. Gleiches gilt bezüglich der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit bei psychischen Erkrankungen (BGE 145 V 215 E. 5.1, 143 V 409 und 418, 141 V 281; vgl. auch BGE 145 V 361 E. 3.1) und des massgebenden Beweisgrads der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 146 V 51 E. 5.1). Korrekt wiedergegeben ist auch die Rechtsprechung zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a mit Hinweis). Darauf wird verwiesen.  
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Entscheid zu den im Wesentlichen bereits im vorinstanzlichen Verfahren erhobenen Einwänden gegen die medizinischen Tatsachenfeststellungen der Beschwerdegegnerin eingehend Stellung genommen. Nach bundesrechtskonformer Beweiswürdigung gelangte es mit der IV-Stelle zur Überzeugung, die psychiatrische Expertise des Prof. Dr. med. D.________ erfülle die praxisgemässen Anforderungen an ein Gutachten im Sinne von Art. 44 ATSG. Gestützt darauf stehe fest, dass der Versicherte in einer leidensangepassten Tätigkeit seit Mai 2014 (abgesehen von Behandlungsphasen mit stationären und teilstationären Klinik-Aufenthalten bei 100%iger Arbeitsunfähigkeit) zu 60 % arbeitsfähig sei.  
 
3.2. Hiergegen rügt die Beschwerdeführerin eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung sowie eine Verletzung von Bundesrecht in Bezug auf die Bejahung einer rechtserheblichen Invalidität. Der medizinische Sachverhalt sei angesichts der Hinweise auf eine Suchterkrankung unvollständig abgeklärt worden. Die festgestellte Einschränkung der Leistungsfähigkeit entspreche nicht dem vom Versicherten beschriebenen Tagesablauf. Anamnestische Angaben liessen auf eine höhere Arbeitsfähigkeit schliessen. Da der Gutachter für die angeblich invalidisierenden Beschwerden keine psychiatrische Diagnose habe erheben können, sei auf die von ihm bestätigte Leistungsfähigkeitseinschränkung nicht abzustellen. Entgegen der Vorinstanz stehe nicht die Glaubwürdigkeit der gutachterlichen Einschätzung zur Diskussion. Vielmehr habe der Gutachter klar und eindeutig angegeben, dass er die invalidisierenden Gesundheitsbeschwerden mit der von ihm diagnostizierten Gesundheitsstörung nicht genügend erklären könne. Weder der Gutachter noch die Beschwerdegegnerin und auch nicht die Vorinstanz hätten den Sachverhalt in der nötigen Breite und Tiefe bundesrechtskonform abgeklärt und dem erforderlichen strukturierten Beweisverfahren unterzogen. Mangels eines "ordentlich diagnostizierten psychischen Leidens" und eines "ordentlich durchgeführten strukturierten Beweisverfahrens" fehle es an den Voraussetzungen für die Ausrichtung einer Invalidenrente.  
 
4.  
Was die Beschwerdeführerin gegen den Beweiswert des psychiatrischen Gutachtens vorbringt, überzeugt nicht. Die Einwände richten sich im Wesentlichen gegen die medizinischen Feststellungen des Prof. Dr. med. D.________, ohne dass sich die Beschwerdeführerin auf davon abweichende, medizinisch begründete Einschätzungen zu berufen vermöchte, welche die Beurteilung des psychiatrischen Gutachters in Frage stellen würden. 
 
4.1.  
 
4.1.1. Auf ein nach Art. 44 ATSG eingeholtes, den Anforderungen der Rechtsprechung genügendes Gutachten externer Spezialärzte ist praxisgemäss abzustellen, sofern nicht konkrete Indizien gegen dessen Zuverlässigkeit sprechen (vgl. BGE 137 V 210 E. 1.3.4; 125 V 351 E. 3b/bb; SVR 2021 IV Nr. 16 S. 45, 9C_174/2020 E. 8.1, nicht publ. in: BGE 147 V 79, je mit Hinweisen; Urteil 8C_208/2022 vom 3. August 2022 E. 6.1).  
 
4.1.2. Die bundesgerichtliche Überprüfung der vorinstanzlichen Beweiswürdigung hat sich darauf zu beschränken, ob mit Blick auf die vorgebrachten Rügen die Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Urteil offensichtlich unrichtig ist oder eine Rechtsverletzung, namentlich hinsichtlich der Regeln über den Beweiswert von ärztlichen Berichten, vorliegt (Urteil 8C_103/2022 vom 10. Mai 2022 E. 4.3.1 mit Hinweis). Bei der Beweiswürdigung ist zu beachten, dass die psychiatrische Exploration von der Natur der Sache her nicht ermessensfrei erfolgen kann. Sie eröffnet dem begutachtenden Psychiater bzw. der begutachtenden Psychiaterin daher praktisch immer einen gewissen Spielraum, innerhalb dessen verschiedene medizinisch-psychiatrische Interpretationen möglich, zulässig und zu respektieren sind, sofern der Experte lege artis vorgegangen ist (Urteile 8C_548/2021 vom 25. Februar 2022 E. 7.2.1 und 8C_153/2021 vom 10. August 2021 E. 5.3.2 mit Hinweisen; vgl. auch SVR 2017 IV Nr. 5 S. 10, 9C_634/2015 E. 6.1 i.f. mit Hinweis). Der Vorinstanz steht als Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher Ermessensspielraum zu (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.1 i.f. mit Hinweisen; Urteil 9C_109/2013 vom 9. April 2013 E. 1). Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht diesen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1; zum Begriff der Willkür BGE 144 II 281 E. 3.6.2 mit Hinweisen). Inwiefern das Gericht sein Ermessen missbraucht haben soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3; Urteil 8C_144/2022 vom 11. August 2022 E. 5.1 mit Hinweis). Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (vgl. E. 1.2 i.f. hiervor).  
 
4.2.  
 
4.2.1. Die gegen den Beweiswert des psychiatrischen Gutachtens gerichteten Einwände beschränken sich im Wesentlichen auf appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswüdigung. Dr. med. E.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH beim Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) der Invalidenversicherung, verneinte in seiner Stellungnahme vom 8. November 2019 mit Blick auf das psychiatrische Gutachten ausdrücklich Anhaltspunkte, welche auf ein suboptimales Leistungsverhalten bzw. relevante Inkonsistenzen seitens des Versicherten schliessen liessen. Prof. Dr. med. D.________ erörterte in seiner Expertise ausführlich den Eingliederungsprozess und die arbeitspraktisch ermittelte, nachvollziehbare Verringerung der Belastbarkeit mit reduzierter Stress- und Frustrationstoleranz. Dabei legte er gemäss angefochtenem Entscheid die Unsicherheiten offen, wie es zu diesen handicapierenden Einschränkungen gekommen sei. Als möglichen Erklärungsansatz dachte er differenzialdiagnostisch an eine verkappte Suchtproblematik, weshalb er anregte, der Substanzanamnese künftig mehr Beachtung zu schenken. Er sah jedoch anlässlich seiner eingehenden fachärztlichen Exploration keine Veranlassung, daran zu zweifeln, dass der Versicherte seit April 2018 alkoholabstinent sei. Von einer unvollständig abgeklärten Suchterkrankung kann entgegen der Beschwerdeführerin keine Rede sein.  
 
4.2.2. Ebenso stellte die Vorinstanz gestützt auf ihre bundesrechtskonforme Würdigung der Beweislage jedenfalls nicht willkürlich fest, dass der Versicherte gemäss psychiatrischem Gutachten an lege artis diagnostizierten psychischen Störungen mit Krankheitswert leidet. Für die Annahme eines invalidisierenden Gesundheitsschadens ist letztlich nicht die Schwere einer Erkrankung entscheidend, sondern deren Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit, zumal sie in beruflicher Hinsicht unterschiedliche Folgen zeitigt (BGE 148 V 49 E. 6.2.2 mit Verweis auf BGE 143 V 418 E. 5.2.2; Urteil 8C_331/2022 vom 6. September 2022 E. 5.1). Zwar vermochte Prof. Dr. med. D.________ aus der Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung - im Verlauf mit mittelgradiger Ausprägung (F33.1 nach ICD-10), gegenwärtig remittiert - das neurasthene Erscheinungsbild mit Stress- und Frustrationsintoleranz sowie Dünnhäutigkeit nicht eindeutig zu erklären. Zudem fand er die geforderten Belege für eine Persönlichkeitsstörung nicht. Doch erhob er als Begleitdiagnose angesichts der emotional-instabilen Anteile und gewisser schizoider Züge die Diagnose einer Persönlichkeitsakzentuierung, die im Zusammenwirken mit einer Minderung der psychischen Resilienz bei Stressoren in der Kindheit und einer hereditären Belastung für eine Alkoholabhängigkeitserkrankung die Einschränkung der Leistungsfähigkeit nachvollziehbar begründe. Mit der Vorinstanz besteht gestützt auf die Expertise des Prof. Dr. med. D.________ kein Zweifel, dass der Versicherte an fachärztlich-psychiatrisch festgestellten Störungen von Krankheitswert leidet, wobei von einer Minderung der psychischen Resilienz auszugehen ist mit einer auch arbeitspraktisch nachgewiesenen Beeinträchtigung der Belastbarkeit bei Stressintoleranz und erhöhter Erschöpfbarkeit, welche sekundär bei emotionaler Instabilität zu depressiven Einbrüchen und maladaptivem und selbstschädigendem Verhalten führt. Laut vorinstanzlicher Sachverhaltsfeststellung sind dem Versicherten gestützt auf das psychiatrische Gutachten seit Mai 2014 (abgesehen von den Phasen stationärer und teilstationärer Klinik-Aufenthalte mit voller Arbeitsunfähigkeit) nur noch Tätigkeiten mit geringem zwischenmenschlichem Konfliktpotential ohne erhöhte Verantwortlichkeit, ohne erhöhten Zeit- und Leistungsdruck (Akkordarbeit) sowie ohne Wechsel- oder Nachtschicht-Anteile bei einem maximalen Pensum von 60 % zumutbar. Nach dem Gesagten trifft mit Blick auf das psychiatrische Gutachten entgegen der Beschwerdeführerin nicht zu, dass dieser Expertise für die invalidisierenden Einschränkungen der Leistungsfähigkeit im Rahmen der medizinisch-psychiatrischen Interpretationen des fachärztlichen Gutachters (vgl. zu dessen Ermessen E. 4.1.2 hiervor) keine nachvollziehbare Begründung zu entnehmen wäre.  
 
4.2.3. Auch was die Beschwerdeführerin gegen die vorinstanzliche Feststellung der Arbeitsfähigkeit gestützt auf die gutachterliche Quantifizierung der Leistungsfähigkeit vorbringt, beschränkt sich im Wesentlichen auf appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid (vgl. E. 1.2 i.f.). Prof. Dr. med. D.________ äusserte sich detailliert zum Leistungsprofil, welches dem Versicherten trotz seiner psychischen Gesundheitsschäden noch zumutbar ist. Die anlässlich der psychiatrischen Exploration ausgeübte Tätigkeit im Heim F.________ bezeichnete der Gutachter als leidensadaptiert, wobei er ein Pensum von 60 % als zumutbar erachtete. Seitens der Beschwerdeführerin blieb unbestritten, dass dem Versicherten nach dem gutachterlich definierten Leistungsprofil die bis zum Eintritt des Gesundheitsschadens ausgeübte Tätigkeit als Servicetechniker nicht mehr zumutbar ist. Es ist Sache des begutachtenden Mediziners - nicht des Rechtsanwenders -, den Gesundheitszustand zu beurteilen und zur Arbeitsfähigkeit Stellung zu nehmen (vgl. BGE 140 V 193 E. 3.2 mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 8C_68/2021 vom 6. Mai 2021 E. 4.3 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin vermag sich auf keine einzige medizinisch nachvollziehbar begründete Einschätzung zu berufen, welche die Leistungsfähigkeitsbeurteilung des Prof. Dr. med. D.________ in Frage stellen würde. Sie legt jedenfalls nicht in rechtsgenüglicher Weise dar, inwiefern sich der Gutachter nicht an die massgebenden normativen Rahmenbedingungen (vgl. BGE 145 V 361 E. 3.2.2 mit Hinweisen) gehalten habe. Soweit die Beschwerdeführerin aus anamnestischen Angaben des Versicherten gemäss psychiatrischem Gutachten, worauf sich der angefochtene Entscheid abstützt, im Vergleich zur Leistungsfähigkeitsbeurteilung des Prof. Dr. med. D.________ abweichende Schlussfolgerungen zieht, ist auf die appellatorische Kritik nicht weiter einzugehen.  
 
4.3. Nach dem Gesagten vermag die Beschwerdeführerin nicht rechtsgenüglich darzulegen, inwiefern das kantonale Gericht in bundesrechtswidriger Beweiswürdigung konkrete Indizien übersah (vgl. E. 4.1.1), welche gegen die Zuverlässigkeit des psychiatrischen Gutachtens sprechen. Demnach ist die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung gestützt auf die beweiskräftige psychiatrische Expertise des Prof. Dr. med. D.________ nicht zu beanstanden, wonach der Versicherte infolge seiner psychischen Gesundheitsschäden seit Mai 2014 in einer leidensangepassten Tätigkeit nur noch zu 60% arbeitsfähig ist.  
 
5.  
Schliesslich macht die Beschwerdeführerin geltend, faktisch sei kein strukturiertes Beweisverfahren durchgeführt und keine vollständige und ausführliche Indikatorenprüfung vorgenommen worden. 
 
5.1. Geht es um psychische Erkrankungen wie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, ein damit vergleichbares psychosomatisches Leiden (vgl. BGE 140 V 8 E. 2.2.1.3 S. 13 f.) oder depressive Störungen (BGE 143 V 409 und 418), so sind für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit systematisierte Indikatoren (Beweisthemen und Indizien) beachtlich, die es - unter Berücksichtigung von leistungshindernden äusseren Belastungsfaktoren wie auch von Kompensationspotentialen (Ressourcen) - erlauben, das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen einzuschätzen (BGE 145 V 361 E. 3.1 mit Hinweisen).  
 
5.2. Soweit die Beschwerdeführerin einwendet, die Erwägungen im angefochtenen Entscheid zum strukturierten Beweisverfahren seien nicht ausreichend, scheint sie implizit eine Verletzung der Begründungspflicht durch die Vorinstanz zu rügen. Diese Rügen sind unbegründet. Das kantonale Gericht legte gestützt auf das beweiskräftige psychiatrische Gutachten (E. 4) dar, inwiefern sich Prof. Dr. med. D.________ mit den Ressourcen und Belastungsfaktoren des Versicherten hinreichend auseinandergesetzt habe. Mit der Vorinstanz steht fest, dass der Gutachter zwar das psychische Beschwerdebild nicht als vollständig austherapiert bezeichnete. Er wies jedoch ausdrücklich darauf hin, es könne nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit behauptet werden, dass eine weitere Therapie zu einer Besserung des Störungsbildes beitragen würde. Das kantonale Gericht stellte fest, entgegen der Beschwerdeführerin lasse die Aktenlage nicht darauf schliessen, dass der Versicherte zu einer Behandlung nicht motiviert wäre. Im Gegenteil habe Prof. Dr. med. D.________ ausgeführt, der Versicherte sei behandlungs- und eingliederungsanamnestisch compliant gewesen. Ebenso verneinte der Gutachter ausdrücklich Inkonsistenzen, Selbstlimitierungen und einen sekundären Krankheitsgewinn. Schliesslich stellte das kantonale Gericht zutreffend fest, aus der Tatsache, dass der Versicherte den Haushalt führe und sich um seine Hunde kümmere, sei nicht zu folgern, er könne auch ein Arbeitspensum von 100 % bewältigen. Vielmehr sei er im Arbeitsprozess einem ganz anderen Druck ausgesetzt als in der Freizeit. Dies gilt um so mehr, als die Beschwerdeführerin nicht bestreitet, dass aus dem anlässlich der psychiatrischen Exploration festgestellten Leistungsprofil auf die Unzumutbarkeit der bis zum Eintritt des Gesundheitsschadens ausgeübten Tätigkeit als Servicetechniker zu schliessen ist (E. 4.2.3).  
 
5.3. Zusammenfassend ist der Vorinstanz darin beizupflichten, dass dem psychiatrischen Gutachten voller Beweiswert zukommt und es eine schlüssige Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Versicherten im Lichte der massgeblichen Indikatoren nach BGE 141 V 281 erlaubt. Das kantonale Gericht überprüfte das Gutachten in diesem Sinne. Die Beschwerdeführerin bemängelt - in weitgehend appellatorischer Weise - im Wesentlichen das Ergebnis der vorinstanzlichen Beweiswürdigung und gibt die eigene Sichtweise wieder, wie die medizinischen Akten zu würdigen und welche rechtlichen Schlüsse daraus zu ziehen seien. Dies genügt nicht, um das angefochtene Urteil im Ergebnis in tatsächlicher Hinsicht als offensichtlich unrichtig oder anderweitig als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Es ist somit nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz unter Berücksichtigung der Leiden des Versicherten von einer Arbeitsfähigkeit von 60 % in einer leidensangepassten Tätigkeit ausging (E. 4 hiervor). Bei dieser willkürfrei festgestellten Ausgangslage konnte und kann in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 144 V 361 E. 6.5) auf zusätzliche Abklärungen verzichtet werden (vgl. Urteil 8C_208/2022 vom 3. August 2022 E. 6.4). Weder ist darin eine Bundesrechtswidrigkeit in Gestalt einer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes oder der Beweiswürdigungsregeln noch eine in medizinischer Hinsicht offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung zu erblicken.  
 
6.  
Da die Beschwerdeführerin gegen die auf dieser Sachverhaltsfeststellung beruhende, vorinstanzlich bestätigte Ermittlung des Invaliditätsgrades von 51 % keine Einwände erhebt, hat es bei den von der Beschwerdegegnerin mit den Verfügungen vom 23. Oktober und 17. November 2020 zugesprochenen Rentenleistungen (vgl. dazu Sachverhalt lit. A i.f.) sein Bewenden. 
 
7.  
Als unterliegende Partei hat die Beschwerdeführerin die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen und dem beigeladenen, anwaltlich vertretenen Versicherten eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 BGG; vgl. Urteil 9C_96/2019 vom 2. Juli 2019 E. 7). Die obsiegende Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat B.________ für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, B.________, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 13. Oktober 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Hochuli