9C_662/2022 26.03.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_662/2022  
 
 
Urteil vom 26. März 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterinnen Moser-Szeless, Scherrer Reber, nebenamtlicher Bundesrichter Berger, 
Gerichtsschreiber Matter. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben, 
Eigerstrasse 65, 3003 Bern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. A.________ AG in Liquidation, 
2. B.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Verrechnungssteuer, geldwerte Leistungen 2007-2009, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juni 2022 (A-2592/2019). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte mit seinem Urteil A-2592/ 2019 vom 8. Juni 2022 das Vorliegen von verschiedenen, der Verrechnungssteuer unterliegenden geldwerten Leistungen der A.________ AG, unter anderem von solchen an C.________, die in der Buchhaltung der A.________ AG über das Aufwandkonto xxx "Fremdleistungen C.________" verbucht waren, aber auch von solchen betreffend das Projekt D.________, die über das Aufwandkonto yyy "Kosten Projekt D.________" verbucht waren. Es bestätigte weiter die solidarische Haftbarkeit von B.________ (gemäss Art. 12 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht; VStrR; SR 313.0; mit Einschluss des Haftungsbetrages gemäss derselben Bestimmung). Die Bestätigung erstreckte sich auf nahezu alle Teilaspekte des Einspracheentscheids der ESTV vom 10. April 2019. Einzig im Zusammenhang mit dem Haftungsbetrag gemäss Art. 12 Abs. 2 VStrR wich es betreffend den Beginn des Verzugszinsenlaufs auf dem Verrechnungssteuerbetrag für die geldwerten Leistungen der Jahre 2007 bis 2009 vom angefochtenen Einspracheentscheid ab und hielt fest, der Zins von 5% sei geschuldet seit Ablauf von 30 Tagen nach der Genehmigung der jeweiligen Jahresrechnung. 
 
B.  
Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat am 22. August 2022 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Sie beantragt, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juni 2022 hinsichtlich des Verzugszinsenlaufs auf den geldwerten Leistungen der Jahre 2007 bis 2009 ("Fremdleistungen C.________" und "Kosten Projekt D.________") aufzuheben und den Einspracheentscheid vom 10. April 2019 diesbezüglich zu bestätigen. Weiter beantragt sie Folgendes: 
 
"Der entsprechende Verzugszins - von 5% ab Fälligkeit der geldwerten Leistung bis und mit dem 31. Dezember 2021 und danach gemäss dem Zinssatz der Zinssatzverordnung EFD [SR 631.014]; von aktuell 4% - sei daher wie folgt festzulegen, beziehungsweise der Verzugszins laufe ab nachfolgenden Daten; dies jeweils bis zum Tage der tatsächlichen Steuerentrichtung: 
 
- Auf dem Betrag von CHF 530'065.90 zu laufen beginnend am 31. Januar 2008, auf dem Betrag von Fr. 507'255.35 zu laufen beginnend am 31. Januar 2009 und auf dem Betrag von Fr. 791'358.75 zu laufen beginnend am 31. Januar 2010 (vgl. dazu Ziff. 2 des Dispositivs des vorinstanzlichen Urteils/Verrechnungssteuer der A.________ AG); 
- auf dem Betrag von Fr. 75'926.75 zu laufen beginnend am 31. Januar 2009 und auf dem Betrag von Fr. 30'846.00 zu laufen beginnend am 31. Januar 2010 (vgl. Ziff. 3 des Dispositivs des vorinstanzlichen Urteils/Haftung von B.________ gemäss Art. 12 Abs. 2 VStrR); 
- auf dem Betrag von Fr. 507'255.35 zu laufen beginnend am 31. Januar 2009 und auf dem Betrag von Fr. 791'358.75 zu laufen beginnend am 31. Januar 2010 (vgl. Ziff. 4 des Dispositivs des vorinstanzlichen Urteils/Haftungsbetrag von B.________ gemäss Art. 12 Abs. 3 VStrR)." 
Das Bundesverwaltungsgericht und die A.________ AG sowie B.________ schliessen auf Abweisung der Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein Endentscheid des Bundesverwaltungsgerichts in einem Verrechnungssteuerstreit, d.h. in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a und Art. 90 BGG). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig, da keine Ausschlussgründe nach Art. 83 BGG vorliegen. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 42 und Art. 100 Abs. 1 BGG) der nach Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 1 Abs. 2 der Verordnung über die Verrechnungssteuer vom 19. Dezember 1966 (VStV; SR 642.211) legitimierten Beschwerdeführerin (vgl. Urteil 2C_359/2016 vom 4. Oktober 2016 E. 1.2.3) ist einzutreten.  
 
1.2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es (offensichtliche Fehler vorbehalten) nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 148 V 209 E. 2.2 mit Hinweis).  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Feststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang zudem entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2). Eine entsprechende Rüge ist hinreichend zu substanziieren (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.2).  
 
2.  
 
2.1. Der Bund erhebt unter anderem eine Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens (Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer vom 13. Oktober 1965; Verrechnungssteuergesetz; VStG; SR 642.21).  
 
2.1.1. Nach Art. 4 Abs. 1 lit. b VStG sind namentlich die Erträge von Aktien Gegenstand der Verrechnungssteuer. Aus Art. 20 Abs. 1 VStV ergibt sich, dass als steuerbarer Ertrag von Aktien jede geldwerte Leistung der Gesellschaft an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte oder an ihnen nahestehende Dritte zu verstehen ist, die sich nicht als Rückzahlung der im Zeitpunkt der Leistung bestehenden Anteile am einbezahlten Grund- oder Stammkapital darstellt (Dividenden, Boni, Gratisaktien, Gratis-Partizipationsscheine, Liquidationsüberschüsse und dergleichen).  
 
2.1.2. Bei Kapitalerträgen im Sinne von Art. 4 Abs. 1 VStG entsteht die Steuerforderung im Zeitpunkt, in dem die steuerbare Leistung fällig wird (Art. 12 Abs. 1 VStG). Die Steuer wird 30 Tage nach Entstehung der Steuerforderung fällig (Art. 16 Abs. 1 lit. c VStG). Auf Steuerbeträgen, die nach Ablauf der in Absatz 1 geregelten Fälligkeitstermine ausstehen, ist ohne Mahnung ein Verzugszins geschuldet (Art. 16 Abs. 2 VStG). Die Steuerforderung verjährt fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden ist (Art. 17 Abs. 1 VStG). Der Steuerpflichtige hat der ESTV bei Fälligkeit der Steuer unaufgefordert die vorgeschriebene Abrechnung mit den Belegen einzureichen und gleichzeitig die Steuer zu entrichten oder die an ihre Stelle tretende Meldung zu erstatten (Art. 38 Abs. 2 VStG).  
 
2.1.3. Jede inländische Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung hat unaufgefordert der ESTV innert 30 Tagen nach Genehmigung der Jahresrechnung den Geschäftsbericht oder eine unterzeichnete Abschrift der Jahresrechnung (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) sowie eine Aufstellung nach amtlichem Formular einzureichen, woraus der Kapitalbestand am Ende des Geschäftsjahres, das Datum der Generalversammlung, die beschlossene Gewinnverteilung und ihre Fälligkeit ersichtlich sind, und die Steuer auf den mit Genehmigung der Jahresrechnung fällig gewordenen Erträgen zu entrichten, wenn im Geschäftsjahr eine steuerbare Leistung vorgelegen ist (Art. 21 Abs. 1 lit. c VStV). Die Steuer auf Erträgen, die nicht mit Genehmigung der Jahresrechnung fällig oder die nicht aufgrund der Jahresrechnung ausgerichtet werden (Interimsdividenden, Bauzinsen, Gratisaktien, Liquidationsüberschüsse, Ablösung von Genussscheinen, geldwerte Leistungen anderer Art), ist aufgrund der Abrechnung nach amtlichem Formular innert 30 Tagen nach der Fälligkeit des Ertrages unaufgefordert der ESTV zu entrichten (Art. 21 Abs. 2 VStV). Ist für den Ertrag ein Fälligkeitstermin nicht bestimmt, so beginnt die 30-tägige Frist am Tage, an dem die Ausrichtung beschlossen oder, mangels eines solchen Beschlusses, an dem der Ertrag ausgerichtet wird, zu laufen (Art. 21 Abs. 3 VStV).  
 
2.2. Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, in den Jahren 2007 bis 2009 habe die A.________ AG verschiedene geldwerte Leistungen ausgerichtet, insbesondere 2007 eine solche im Betrag von Fr. 1'023'686.10 an C.________, deren Verbuchung über das Aufwandkonto xxx "Fremdleistungen C.________" erfolgt sei. Dasselbe gelte für die geldwerten Leistungen an C.________ in den Jahren 2008 und 2009 sowie für die geldwerten Leistungen betreffend die "Kosten Projekt D.________" (Verbuchung über das Aufwandkonto yyy "Kosten Projekt D.________", vgl. E. II./6.1 und II./6.2 des angefochtenen Urteils).  
Gestützt darauf ist die Vorinstanz für die Jahre 2007 bis 2009 und die beiden Aufwandkonten jeweils von einer einzigen geldwerten Leistung ausgegangen, die erst mit der Genehmigung der betreffenden Jahresrechnung fällig geworden sei, so dass die zugehörige Verrechnungssteuerforderung nicht vor jenem Zeitpunkt entstanden sei und der Verzugszins erst am 31. Tag nach Genehmigung der Jahresrechnung zu laufen begonnen habe. 
 
2.3. Die Beschwerdeführerin vertritt dagegen den Standpunkt, im Jahr 2007 seien insgesamt vierzehn verschiedene Transaktionen in einem Gesamtbetrag von Fr. 1'023'686.10 gegenüber C.________ getätigt worden, die alle über das Aufwandkonto xxx "Fremdleistungen C.________" gelaufen seien. Es handle sich um blosse Verfügungsgeschäfte, die schon anlässlich der Ausrichtung (welche vorliegend mit der Verbuchung zusammengefallen sei) effektiv erfolgt und so bereits dann fällig geworden seien, wie sich aus den Buchungen des besagten Aufwandkontos für das Jahr 2007 ergebe. Darin liege der Nachweis dafür, dass im Zeitpunkt der Buchungen auch die geldwerten Leistungen tatsächlich an C.________ geflossen, ausgerichtet und damit fällig geworden seien. Deshalb hätten auch die Verzugszinsen ab dem 31. Tag nach diesen Buchungen zu laufen begonnen. Dasselbe gelte für die geldwerten Leistungen an C.________ der Jahre 2008 und 2009 sowie für die geldwerten Leistungen betreffend die "Kosten Projekt D.________".  
Dabei argumentiert die Beschwerdeführerin, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei nicht wegen der ihm zugrunde liegenden Beweiswürdigung bundesrechtswidrig, sondern aufgrund der rechtlichen Beurteilung, namentlich wegen einer gegen Art. 12 VStG verstossenden Rechtsanwendung. 
Wenn das Bundesverwaltungsgericht entschieden habe, dass die hier massgeblichen Verrechnungssteuerforderungen der Jahre 2007 bis 2009 erst mit der Genehmigung der jeweiligen Jahresrechnung entstanden und daher der Verzugszins erst ab dem 31. Tag nach der Genehmigung der betreffenden Jahresrechnung zu laufen beginne, so entspreche das einer falschen Auslegung des Begriffs der Fälligkeit im Sinne von Art. 12 Abs. 1 VStG und Art. 21 Abs. 2 VStV. Die Fälligkeit (von Erträgen) im verrechnungssteuerlichen Sinne sei weiter zu fassen als die rein zivilrechtliche Fälligkeit (auf die sich das Bundesverwaltungsgericht vermutlich abgestützt habe). Das habe insbesondere bei geldwerten Leistungen in Form von verdeckten Gewinnausschüttungen zu gelten. Bei anderen der Verrechnungssteuer unterliegenden Erträgen möge die Anknüpfung an die zivilrechtliche Fälligkeit durchaus gerechtfertigt sein, nicht jedoch - wie hier - bei geldwerten Leistungen in Form von reinen Verfügungsgeschäften. 
 
2.4. Die Beschwerdeführerin befürwortet aus Praktikabilitätsgründen ein betragsmässiges Ergebnis, das von demjenigen der Vorinstanz nicht wesentlich abweicht: Obwohl sie davon ausgehe, dass das jeweilige Buchungsdatum grundsätzlich das tatsächliche Fälligkeitsdatum der verschiedenen geldwerten Leistungen darstelle, so sei doch - im Einklang mit der PraktikabiIitätslösung, die dem Einspracheentscheid vom 10. April 2019 zugrunde liege - im Sinne einer Vereinfachung der Verbuchung und der Verzugszins-Berechnung auf das Datum am Ende des jeweiligen Geschäftsjahres abzustellen.  
 
3.  
In verschiedenen Situationen nehmen Rechtsprechung und Lehre unterschiedliche Zeitpunkte für die Fälligkeit geldwerter Leistungen an, entweder in Übereinstimmung mit einer Fälligkeit in einem eng zivilrechtlichen Sinne (vgl. unten E. 3.1), einer solchen auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung (E. 3.2), ein Abstellen auf das Ende des Geschäftsjahres (E. 3.3) oder die Massgeblichkeit des Zeitpunkts, in dem die Jahresrechnung genehmigt wird (E. 3.4 u. 3.5). 
 
3.1. Als Fälligkeit im zivilrechtlichen Sinn gilt der Zeitpunkt, in dem der Leistungsempfänger einen durchsetzbaren Anspruch gegenüber der betroffenen Gesellschaft hat. Die zivilrechtliche Fälligkeit bedingt das Vorliegen eines Rechts-, genauer eines Verpflichtungsgeschäfts. Der Gläubiger der steuerbaren Leistung (Zahlung, Gutschrift etc.) kann die Leistung vom Schuldner fordern und dieser ist zur sofortigen Erfüllung - bzw. zur Erfüllung im vereinbarten Zeitpunkt - verpflichtet. Dem Anspruch des Gläubigers steht also bei Fälligkeit kein gesetzliches oder vertragliches Hindernis mehr entgegen (vgl. zum Ganzen BGE 107 Ib 98 E. 3a; Urteile 2C_730/2013 vom 4. Februar 2014 E. 2.2; 2C_813/2010 vom 10. Mai 2011 E. 3.5.1; 2C_551/2009 vom 13. April 2009 E. 2.3; MICHAEL BEUSCH/MORITZ SEILER in: Martin Zweifel/Michael Beusch/Maja Bauer-Balmelli [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer, 3. Auflage, Basel 2024, Rz 20 u. 21 zu Art. 12 VStG; W. ROBERT PFUND, Die Eidgenössische Verrechnungssteuer, 1. Teil, Handbücher zum Fiskalrecht des Bundes, Basel 1971, Rz 2.2 zu Art. 12 Abs. 1 VStG).  
 
3.2. Nicht unter diesen Fälligkeitsbegriff fallen Konstellationen, bei denen die steuerbare Leistung ausschliesslich oder auf sogleich erfüllten Verfügungsgeschäften beruht und bei denen es einen eigentlichen zivilrechtlichen Fälligkeitstermin so gar nicht gibt (z.B. grundsätzlich bei verdeckten Gewinnausschüttungen).  
 
3.2.1. Verdeckte Gewinnausschüttungen bzw. "geldwerte Leistungen anderer Art" beruhen zumeist nicht auf einem rechtlich verbindlichen Verpflichtungsgeschäft, sondern stellen rein tatsächliche Vornahmen dar, wobei die steuerbare Leistung auf (sogleich) erfüllten Verfügungsgeschäften beruht und es (eventuell) einen eigentlichen zivilrechtlichen Fälligkeitstermin gar nicht gibt, da aufgrund sofortiger Leistung die mit der Fälligkeit verbundenen Rechtsfolgen obsolet werden. Die entsprechenden Verrechnungssteuerforderungen im Sinne von Art. 21 Abs. 2 VStV entstehen in diesen Fällen bereits im Zeitpunkt der Leistung respektive - im Falle der buchhalterischen Abbildung der Leistung - jeweiligen Verbuchungen der geldwerten Leistungen, da diese auch in diesen Zeitpunkten effektiv erfolgen bzw. als blosse Verfügungsgeschäfte ausgerichtet werden und damit im verrechnungssteuerrechtlichen Sinne "fällig werden" (vgl. Urteil 2A.458/2001 vom 29. Juli 2002 E. 5.1; zum Ganzen u.a. BEUSCH/SEILER, a,a.O., Rz 6, 25 u. 41 zu Art. 12 VStG; PFUND, a.a.O., N. 2.3 zu Art. 12 Abs. 1 VStG).  
 
3.2.2. Damit steht im Einklang, dass das Bundesgericht bereits in einem Urteil vom 10. Dezember 1971 (vgl. dort E. 2c) entschieden hat, die massgebende Fälligkeit einer verdeckten Gewinnausschüttung trete in dem Zeitpunkt ein, in dem sie vereinbart werde, eventuell an dem dafür speziell vereinbarten Fälligkeitstermin oder, wenn der Ausschüttung keine Vereinbarung vorangehe, mit dem Tage der Ausschüttung (vgl. THOMAS M. FISLER/ROBERT DESAX [HRSG. AB NACHTRAG 75], Die Praxis der Bundessteuern, II. Teil, Stempelabgaben und Verrechnungssteuer, Band 2, 2023, Art. 12 VStG, Ziff. 1, N. 3 [beruhend auf dem Urteil des Bundesgerichts vom 10. Dezember 1971 i.S. H., E. 2c]; vgl. auch ein Urteil vom 16. September 1974 in ASA 44 318 E. 4a).  
 
3.3. Nebst dem Abstellen auf eine Fälligkeit im (strikt) zivilrechtlichen Sinne oder auf den Zeitpunkt der effektiven Ausschüttung der massgeblichen geldwerten Leistung kann es sich unter bestimmten Umständen rechtfertigen, für die Fälligkeit von geldwerten Leistungen das Ende des Geschäftsjahres als wesentlich zu erachten.  
 
3.3.1. In Bezug auf verdeckte Gewinnausschüttungen, für welche aus der Buchhaltung kein Datum der Leistung ersichtlich ist, hat das Bundesgericht im vorerwähnten Urteil 2A.458/2001 vom 29. Juli 2002 E. 5.2 erwogen, dass die Entstehung der Verrechnungssteuerforderung mit dem Datum des Buchhaltungsabschlusses am Ende des jeweiligen Geschäftsjahres anzunehmen ist und damit die Verjährung nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem auch das Geschäftsjahr endet, zu laufen beginnt.  
 
3.3.2. Selbst wenn der Zeitpunkt der einzelnen Buchungen bekannt ist, stellt die ESTV in bestimmten Fällen doch - im Sinne einer Praktikabilitätslösung - auf das Ende des Geschäftsjahres ab. Diese Lösung kommt insbesondere dann zur Anwendung, wenn während eines Geschäftsjahres viele verschiedene, gleichartige Leistungen an einen Leistungsempfänger geflossen sind. Statt dann für jeden einzelnen Betrag auf dessen individuelles Fälligkeitsdatum abzustellen, wie es an und für sich von Gesetzes wegen vorgesehen ist, wird der Vereinfachung der Verbuchung und der Berechnung des Verzugszinses wegen das Datum am Ende des Geschäftsjahres als für die Fälligkeit massgeblich erachtet (vgl. zum Ganzen BEUSCH/SEILER, a.a.O., Rz. 27 zu Art. 12 VStG, mit Hinweis auf Pfund, a.a.O., Rz. 2.5 zu Art. 12 Abs. 1 VStG; STEFAN OESTERHELT, Aus der Rechtsprechung in den Jahren 2021/ 2022 [Teil 2], FStR 2022, S. 489).  
 
3.4. Unter bestimmten Umständen und Voraussetzungen kann es sich indes als sachgerecht erweisen, die Genehmigung der Jahresrechnung als für die Fälligkeit geldwerter Leistungen massgeblichen Zeitpunkt einzustufen.  
 
3.4.1. Schon vor 50 Jahren ist in der Lehre festgehalten worden, die Anknüpfung an den Zeitpunkt der Genehmigung der Jahresrechnung als eine klare Ausnahme und aus praktischen Gründen als spätesten Zeitpunkt zu erachten, in dem die geldwerten Leistungen "vollzogen" sind, d.h. wenn die Fälligkeit der geldwerten Leistung nicht bereits vorher gegeben ist (wie z.B. bei der tatsächlichen Ausrichtung der Leistungen; vgl. PFUND, a.a.O., N. 2.5 zu Art. 12 Abs. 1 VStG).  
 
3.4.2. Art. 21 Abs. 3 VStV normiert eine sog. Kaskadenanknüpfung. Diese soll ausschliessen, dass Gläubiger und Schuldner der steuerbaren Leistung durch Nicht-Vereinbarung eines Fälligkeitstermins das Entstehen der Verrechnungssteuerforderung verhindern können, so dass eine Leistung bzw. ein Ertrag der Besteuerung entgeht (vgl. u.a. das Urteil 2C_730/2013 vom 4. Februar 2014 E. 2.4; BEUSCH/SEILER, a.a.O., Rz 24 zu Art. 12 VStG).  
In einem Urteil aus dem Jahre 1972 (Urteil vom 19. Mai 1972 i.S. BCA, E. 3a und 3c) hat das Bundesgericht festgehalten, Art. 12 Abs. 1 VStG präzisiere lediglich, dass die Steuerschuld weder schon mit der Verpflichtung an sich - diese Leistung (einmal) zu erbringen - entstehe, noch erst im Zeitpunkt, in dem die Leistung so oder anders erbracht werde, sondern im Zeitpunkt, von dem an der Gläubiger die Erbringung fordern könne. Das hindere nicht, dass die Verrechnungssteuer jedenfalls und spätestens in dem Zeitpunkt geschuldet sei, in dem die steuerbare Leistung dem Gläubiger ausbezahlt oder gutgeschrieben werde (vgl. auch das Urteil 2C_551/2009 vom 13. April 2010 E. 2.5; Fisler/Desax, a.a.O., Art. 12 VStG Nr. 3-5; BEUSCH/SEILER, a.a.O. Rz 6, 26 u. 41 zu Art. 12 VStG; Pfund, a.a.O., Rz 2.3 zu Art. 12 Abs. 1 VStG). 
 
3.4.3. Ob die Fälligkeit allenfalls aufzuschieben wäre, weil der Zugang der Leistungen aufgrund des Rückerstattungsanspruchs der Gesellschaft gemäss Art. 678 OR dergestalt mit einem möglichen Vermögensabgang belastet wäre, dass nicht von einer Bereicherung ausgegangen werden könnte (vgl. dazu BGE 149 II 400 E. 4.2), ist vorliegend nicht weiter zu prüfen. Abgesehen davon, dass ein allfälliger Rückerstattungsanspruch in Verhältnissen wie vorliegend ohnehin nur selten geltend gemacht wird (ebenso BGE 113 Ib 23 E. 4a), ist hier einerseits massgebend, dass aus dem Sachverhalt keinerlei Intentionen der Gesellschaft ersichtlich sind, Rückerstattungsansprüche geltend zu machen; so wurde beispielsweise nicht vorgetragen, es seien derartige Ansprüche verbucht worden (vgl. zur Verbuchungspflicht Urteil 2A.108/2004 vom 31. August 2005 E. 3, mit Hinweis auf BGE 113 Ib 23 E. 4a; differenzierter Markus Berger, Die Bilanzierung verdeckter Gewinnausschüttungen nach Art. 678 Abs. 2 OR, AJP 2000 S. 1112 ff.). Andererseits wird von den Beschwerdegegnern auch nicht geltend gemacht, die ihnen zugegangenen geldwerten Leistungen seien mit (realistischen) Rückerstattungschulden belastet gewesen.  
 
3.5. Was schliesslich den Beginn der Verjährung bei (versuchter) Steuerhinterziehung anbelangt, ist sodann die Frage des Fälligkeitszeitpunkts differenziert zu betrachten.  
 
3.5.1. Dem Wesen der Verrechnungssteuer als Selbstveranlagungssteuer entsprechend ist im Bereich von Art. 61 lit. a VStG für die Tatbegehung darauf abzustellen, wann die Gesellschaft ihre Deklarationspflicht verletzt hat. Dies ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung der Tag, an dem die Gesellschaft ihre Jahresrechnung eingereicht hat, in welcher die geldwerte Leistung nicht verbucht ist. Die Verjährungsfrist beginnt am nächsten Tag. Reicht die Gesellschaft der ESTV keine Jahresrechnung ein, ist für den Beginn der Verjährung nach VStrR auf den Ablauf der 30-tägigen Deklarationsfrist gemäss Art. 21 Abs. 1 VStV abzustellen. Hält die Gesellschaft keine Generalversammlung ab, welche die Jahresrechnung genehmigen könnte, beginnt die Verjährungsfrist 30 Tage nach dem gemäss Art. 699 Abs. 2 OR (für die AG) bzw. Art. 805 Abs. 2 OR (für die GmbH) spätesten Termin für die ordentliche Generalversammlung - sechs Monate nach Ende des Geschäftsjahres - zu laufen (vgl. Urteil 6B_1005/2021 vom 29. Januar 2024, zur Publikation vorgesehen, E. 1.2.3 mit zahlreichen Hinweisen).  
 
3.5.2. Davon zu unterscheiden ist jedoch der hier interessierende Fälligkeitszeitpunkt als Auslöser der Verzugszinspflicht.  
 
4.  
Es fragt sich, wie die vorangehenden allgemeinen Ausführungen der Rechtsprechung und der Lehre zur Fälligkeit geldwerter Leistungen (vgl. oben E. 3) sich auf den hier zu beurteilenden Fall anwenden lassen. 
 
4.1. Vorliegend geht es um die Bestimmung der Fälligkeit im Hinblick auf den Beginn der Verzugszinspflicht von verschiedenen, im Verlaufe der Geschäftsjahre 2007, 2008 und 2009 erfolgten Ausschüttungen. Diese Leistungen beruhen nicht auf einem rechtlich verbindlichen Verpflichtungsgeschäft, sondern stellen blosse Verfügungsgeschäfte, rein tatsächliche Vornahmen dar. Dementsprechend entstehen nach dem Dargelegten die entsprechenden Verrechnungssteuerforderungen im Sinne von Art. 21 Abs. 2 VStV jeweils im Zeitpunkt der einzelnen Verbuchung. Entgegen der vorinstanzlichen Feststellungen sind vorliegend keine Gründe ersichtlich, nicht vom Zeitpunkt der effektiven Leistung auszugehen und auf die Genehmigung der Jahresrechnung abzustellen.  
 
4.2. An diesem Ergebnis vermag auch die sogenannte "Storno- Praxis" nichts zu ändern. Bei der "Stornierung" geht es nicht nur um die buchungstechnische Korrektur versehentlicher Fehlbuchungen, sondern sie umfasst auch Konstellationen, bei denen ein Geschäftsvorfall materiell rückgängig gemacht, durch eine Gegenleistung ausgeglichen oder in ein abgelaufenes Geschäftsjahr zurückverlegt (nachträglich eingebucht) wird (vgl. u.a. Beusch/Seiler, a.a.O., Rz 18 zu Art. 12 VStG). Die Storno-Praxis dient damit praktischen Bedürfnissen, insbesondere in Konstellationen, in denen Gesellschaften über das Jahr diverse geldwerte Leistungen ausrichten, die aber alle im selben bzw. mit Wirkung für dasselbe Geschäftsjahr noch von den Empfängern "glattgestellt" werden (Beusch/Seiler, a.a.O., Rz. 18a zu Art. 12 VStG). Werden die Voraussetzungen für die Anwendung der Storno-Praxis erfüllt, so hat dies zur Folge, dass mit der Stornierung die mit dem Bezug der verdeckten Gewinnausschüttung bereits entstandene Verrechnungssteuerforderung dahinfällt (in diesem Sinne bereits Conrad Stockar, Übersicht und Fallbeispiele zu den Stempelabgaben und zur Verrechnungssteuer, 4. Auflage Basel 2006, S. 143 f. und 237 ff.; im Ergebnis gleich wohl auch Beusch, 2012, Untergang der Steuerforderung, S. 74, insb. FN 570). Im vorliegenden Fall ist erstellt, dass die Verfügungsgeschäfte - und demzufolge die damit verknüpften Verrechnungssteuerforderungen - nicht dahingefallen sind. Die Leistungen wurden definitiv erbracht, die Erfüllung ist nicht mehr unsicher (vgl. BGE 149 II 400 E. 4). Insofern liegt also gerade keine Stornierung vor, weshalb auch nicht weiter zu prüfen ist, unter welchen Voraussetzungen die Storno-Praxis zur Anwendung kommen könnte.  
 
5.  
 
5.1. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der teilweisen Gutheissung (in Bezug auf den Beginn des Verzugszinsenlaufs, demgemäss bei einigen geldwerten Leistungen ["Fremdleistungen C.________" und "Kosten Projekt D.________"] der Verzugszins auf der entsprechenden Verrechnungssteuer erst ab dem 31. Tag nach der Genehmigung der Jahresrechnung des jeweiligen Geschäftsjahres zu laufen beginnen würde) aufzuheben und der Einspracheentscheid der ESTV vom 10. April 2019 diesbezüglich (Beginn des Verzugszinsenlaufs betreffend die Verrechnungssteuer auf den geldwerten Leistungen i.S. "Fremdleistungen C.________" und "Kosten Projekt D.________" jeweils per 31. Januar 2008, 2009 und 2010) zu bestätigen (vgl. zum Betraglichen oben Sachverhalt/B.)  
 
5.2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdegegner (unter Solidarhaft) kostenpflichtig. Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet. Weiter ist die Sache zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen (vgl. Art. 65 f. u. 68 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. 
 
2.  
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. April 2022 wird hinsichtlich der teilweisen Gutheissung (in Bezug auf den in Dispositiv-Ziff. 2, 3 und 4 festgelegten Beginn des Verzugszinsenlaufs) aufgehoben und der Einspracheentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 10. April 2019 diesbezüglich (Beginn des Verzugszinsenlaufs jeweils am 31. Januar 2008, 2009 und 2010) bestätigt. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.- werden den Beschwerdegegnern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
4.  
Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet. 
 
5.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens an das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen. 
 
6.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 26. März 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Matter