8C_424/2023 21.02.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_424/2023  
 
 
Urteil vom 21. Februar 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Thöny, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Übergangsrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 11. Mai 2023 (UV 2021/73). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1994 geborene, gelernte Forstwart A.________ war bei der B.________ AG als Flughelfer tätig und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 19. September 2017 wurde er bei der Arbeit von einem vom Helikopter herabfallenden Baumstamm am Kopf und Rücken getroffen, wobei er ein Polytrauma erlitt. Die Suva erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung und Taggelder). Da A.________ die bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben konnte, beantragte er am 21. März 2018 bei der Invalidenversicherung Eingliederungsmassnahmen. Am 28. März 2018 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis per 30. April 2018. Ein am 14. Mai 2018 begonnenes 50%iges Praktikum in einer Schreinerei scheiterte. Die Invalidenversicherung finanzierte ein Arbeits-/Belastbarkeitstraining vom 20. August 2018 bis 31. August 2019, wonach gemäss Abschlussbericht vom 7. August 2019 eine "Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt gegeben" sei. Die Invalidenversicherung lehnte die Übernahme der Kosten einer dreijährigen Ausbildung zum Physiotherapeuten in Deutschland mit Beginn im Herbst 2020 ab.  
 
A.b. Die Suva ging von einer vollen Arbeitsfähigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt ab dem 1. September 2019 aus, wobei gemäss kreisärztlicher Untersuchung des Dr. med. C.________, Facharzt für Chirurgie, vom 10. September 2019, die bisherigen Tätigkeiten als Forstwart und Flughelfer wegen der Rücken-/Wirbelsäulenverletzungen nicht mehr zumutbar seien. Tätigkeiten mit schweren Belastungen des Rückens (mehr als 20 kg) seien zu vermeiden (Bericht vom 10. September 2019). Eine Umschulung zum Baumpflegespezialisten mit eidgenössischem Fachausweis unterstützte die IV-Stelle nicht, da diese nicht leidensadaptiert sei. Gleichentags teilte die Suva A.________ mit, die Ausbildung zum Baumpflegespezialisten erfülle das vom Kreisarzt erstellte Zumutbarkeitsprofil.  
 
A.c. Im Sommer 2020 zog sich A.________ eine Verletzung am rechten Knie (Kreuzband) zu, welche am 13. August 2020 mittels VKB-Ersatzplastik operativ versorgt wurde. Am 27. November 2020 schloss er mit der D.________ GmbH einen Arbeitsvertrag als "Baumpflegespezialist mit eidgenössischem Fachausweis in Ausbildung" mit Arbeitsbeginn 1. Februar 2021 ab.  
 
A.d. Am 9. April 2021 verdrehte sich A.________ das bereits vorgeschädigte rechte Knie beim Hecken- und Baumschneiden. Im Bericht vom 15. Juni 2021 empfahl Kreisarzt Dr. med. E.________, Facharzt für Neurologie, den Fallabschluss hinsichtlich des Unfalls vom 19. September 2017. Wegen der neuropsychologischen Beeinträchtigungen sei die Fähigkeit begrenzt, Tätigkeiten mit hohen kognitiven Ansprüchen auszuführen und Neues zu erlernen. Mittelschwere bis schwere körperliche Tätigkeiten (bis max. 20 kg) seien weiterhin zumutbar. Den Integritätsschaden auf neurologischem Gebiet schätzte er auf 20 %. Mit Verfügung vom 16. Juli 2021 verneinte die Suva einen Anspruch auf eine Invalidenrente (Invaliditätsgrad von 3 %) und sprach A.________ eine Integritätsentschädigung auf der Basis eines Integritätsschadens von 20 % zu.  
 
A.e. Am 15. August 2021 erlitt A.________ bei einer Bergwanderung eine Distorsion des rechten Knies mit einer Re-Ruptur der vorbestehenden VKB-Plastik bei hochgradigem Verdacht auf eine mediale Meniskusläsion. A.________ verletzte sich am 2. September 2021 erneut am rechten Knie. Bei den nachfolgenden Untersuchungen zeigte sich eine insuffiziente Situation im VKB-Bereich nach VKB-Ersatzplastik. Die gegen die Verfügung vom 16. Juli 2021 erhobene Einsprache wies die Suva mit Einspracheentscheid vom 14. Oktober 2021 ab.  
 
B.  
Die dagegen geführte Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen in dem Sinne gut, dass es den Einspracheentscheid vom 14. Oktober 2021 aufhob und A.________ ab dem 1. September 2021 eine Übergangsrente bei einem Invaliditätsgrad von 13 % zusprach. Zur Berechnung und Ausrichtung derselben wies es die Sache an die Suva zurück (Entscheid vom 11. Mai 2023). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Suva die Aufhebung des Einspracheentscheids vom 11. Mai 2023. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz, subeventualiter an die Suva, zur Neubeurteilung der ordentlichen Invalidenrente zurückzuweisen. 
A.________ lässt Abweisung der Beschwerde beantragen. Eventualiter sei das Eventualbegehren der Suva gutzuheissen. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1; 145 V 57 E. 4.2, je mit Hinweis).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.  
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie in Aufhebung des Einspracheentscheids vom 11. Mai 2023 dem Beschwerdegegner ab 1. September 2021 eine Übergangsrente bei einem Invaliditätsgrad von 13 % zugesprochen hat. 
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz hat die Voraussetzungen für den Fallabschluss zum Verfügungszeitpunkt (16. Juli 2021) bejaht, da von einer Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung der somatischen, neuropsychologischen und psychischen Unfallfolgen mehr zu erwarten gewesen wäre. Am 16. Juli 2021 habe sich der Beschwerdegegner zwar noch in einer Umschulung zum Baumpflegespezialisten befunden. Diese habe die Invalidenversicherung aber nicht unterstützt, da sie nicht als leidensangepasst eingestuft worden sei. Ein Umschulungsanspruch scheine aber ausgewiesen zu sein. Spätestens mit dem dritten Unfall mit Verletzung des rechtens Knies am 21. August 2021 könne nicht mehr von einem unversehrten bzw. folgenlos ausgeheilten rechten Knie ausgegangen werden, womit auch die Tätigkeit als Baumpflegespezialist nicht mehr leidensangepasst sei. Daher sei zum Zeitpunkt des Verfügungserlasses eine berufliche Neuorientierung erforderlich gewesen, weshalb ein ausstehender Entscheid der Invalidenversicherung über die berufliche Eingliederung anzunehmen sei.  
 
3.2. Dem ohne Gesundheitsschaden hypothetisch erzielbaren Valideneinkommen legte die Vorinstanz das Einkommen des Beschwerdegegners als Flughelfer im Jahr 2021 von Fr. 62'924.- zugrunde. Für das Invalideneinkommen zog die Vorinstanz den während seiner Ausbildung zum Baumpflegespezialisten vereinbarten Verdienst von monatlich Fr. 4'700.- (vom 1. Februar bis 31. August 2021) bzw. von Fr. 4'200.- (ab 1. September 2021) heran, woraus sich ein Jahreseinkommen von Fr. 54'600.- ergab. In Gegenüberstellung der beiden Vergleichseinkommen ermittelte die Vorinstanz einen zu einer Übergangsrente berechtigenden Invaliditätsgrad von 13 % ab 1. September 2021.  
 
4.  
Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, eine Übergangsrente rechtfertige sich ausschliesslich, wenn die Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung den Invaliditätsgrad rechtserheblich zu senken vermöchten. Die Invalidenversicherung habe die beruflichen Massnahmen per August 2019 eingestellt. Die privat finanzierte Umschulung stünde der Zusprache einer definitiven Invalidenrente nicht entgegen und ein erfolgreicher Abschluss derselben sei im Rahmen einer Rentenrevision zu berücksichtigen. U.a. weil der Beschwerdegegner zwischenzeitlich noch weitere Unfälle mit Verletzung der Knie erlitten habe, sei die Umschulung zum Baumpflegespezialisten jedoch nicht erfolgreich verlaufen, weshalb die Invalidenversicherung erstmals wieder mit Schreiben vom 24. Juni 2022 Unterstützung in Form von Berufsberatung geleistet habe. Seit August 2019 und auch noch ab September 2021 seien hingegen keine konkreten Eingliederungsmassnahmen durch die Invalidenversicherung erfolgt. Entgegen der Vorinstanz sei dannzumal auch kein Entscheid der Invalidenversicherung über die berufliche Eingliederung des Beschwerdegegners ausstehend gewesen, nachdem diese vielmehr die Finanzierung der Umschulung zum Baumpflegespezialisten klar abgelehnt gehabt habe. Die Voraussetzungen einer Übergangsrente seien damit nicht erfüllt gewesen, weshalb der gegenteilige Schluss der Vorinstanz Bundesrecht verletze. 
 
5.  
 
5.1. Der Fallabschluss ist vorzunehmen, wenn von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes mehr erwartet werden kann und allfällige Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung abgeschlossen sind (Art. 19 Abs. 1 UVG; BGE 134 V 109 E. 4.1; RKUV 2005 Nr. U 557 S. 388, U 244/04 E. 3.1; Urteil 8C_736/2017 vom 20. August 2018 E. 2). Dies bestimmt sich namentlich nach Massgabe der zu erwartenden Steigerung oder Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, soweit unfallbedingt beeinträchtigt, wobei die durch weitere Heilbehandlung zu erwartende Besserung ins Gewicht fallen muss. Unbedeutende Verbesserungen genügen nicht. Diese Frage ist prospektiv zu beurteilen (RKUV 2005 Nr. U 557 S. 388, U 244/04 E. 3.1; Urteil 8C_273/2020 vom 18. Juni 2020 E. 4.2).  
 
5.2. Wird der Entscheid der Invalidenversicherung über die (berufliche) Eingliederung erst später gefällt, kann dies Anlass für eine das Taggeld ablösende Übergangsrente (Art. 19 Abs. 3 UVG in Verbindung mit Art. 30 UVV) bilden. Die Übergangsrente ist ein (vorläufiges) Surrogat für eine allenfalls folgende (definitive) Invalidenrente nach Art. 18 ff. UVG in Fällen, in welchen von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes des Versicherten mehr zu erwarten ist, der Entscheid der Invalidenversicherung über die berufliche Eingliederung jedoch erst später gefällt wird. Damit eine Übergangsrente nach Art. 19 Abs. 3 UVG ausgerichtet werden kann, muss der ausstehende Entscheid der Invalidenversicherung über die berufliche Eingliederung Vorkehren beschlagen, welche einer Eingliederungsproblematik aufgrund eines unfallkausalen Gesundheitsschadens gelten. Rechtsprechungsgemäss kann sich sodann der in Art. 19 Abs. 1 erster Satz UVG vorbehaltene Abschluss allfälliger Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung, soweit es um berufliche Massnahmen geht, nur auf Vorkehren beziehen, welche geeignet sind, den der Invalidenrente der Unfallversicherung zugrunde zu legenden Invaliditätsgrad zu beeinflussen (RKUV 2004 Nr. U 508 S. 265, U 105/03, E. 5.2.2; Urteile 8C_588/2013 vom 16. Januar 2014 E. 3.4 und 8C_423/2008 vom 10. Juli 2009 E. 5.3; vgl. auch Urteil 8C_330/2023 vom 10. November 2023 E. 6.6).  
 
5.3. Zeitliche Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildet der Erlass des Einspracheentscheids vom 14. Oktober 2021 (BGE 143 V 409 E. 2.1; 134 V 392 E. 6; je mit Hinweis; Urteil 8C_43/2021 vom 27. April 2021 E. 2.1).  
 
5.4. Mit E-Mail vom 25. Juni 2021hat die Beschwerdeführerin die vorübergehenden Leistungen eingestellt und den Anspruch auf eine Invalidenrente und auf eine Integritätsentschädigung geprüft.  
 
5.5. Fest steht, dass bis zum Erlass des Einspracheentscheids am 14. Oktober 2021 (vgl. E. 5.3 vorne) keinerlei Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung ausstanden. Die Ausbildung zum Baumpflegespezialisten wurde nicht finanziert, da die körperlichen Anforderungen längerfristig zu hoch seien. Der Beschwerdegegner hat seine daher selbst finanzierte Umschulung am 1. Februar 2021 begonnen und - zumindest bis zum Zeitpunkt der Beschwerde vom 1. November 2021 im vorinstanzlichen Verfahren - nicht abgebrochen. So gab der Beschwerdegegner in der damaligen Beschwerdeschrift vom 1. November 2021 an, solange das Ausbildungsverhältnis bestehe und er Lohn erhalte, sei keine Übergangsrente geschuldet. Bald, "sicherlich in den nächsten Monaten", werde das Arbeitsverhältnis aber aufgelöst werden. Näheres hierzu bringt er im vorliegenden Verfahren vernehmlassungsweise nicht vor.  
Unbestritten wurden seitens der Invalidenversicherung erst wieder mit Schreiben vom 24. Juni 2022Eingliederungsmassnahmen gesprochen und zwar in Form von Berufsberatung. Entgegen der vorinstanzlichen Auffassung sind damit die Voraussetzungen für eine Übergangsrente im hier zu beurteilenden Zeitraum nicht erfüllt, zumal die Berufsberatung nicht geeignet ist, den Invaliditätsgrad zu beeinflussen (vgl. Urteil U 111/05 vom 20. Juni 2006 E. 2.3 und E. 5.2 vorne). Die Vorinstanz hat demnach in Verletzung von Bundesrecht auf eine Übergangsrente erkannt. 
 
6.  
 
6.1. Zum vorinstanzlich bestätigten Fallabschluss in Bezug auf das Unfallereignis vom 19. September 2017 (Verfügung vom 16. Juli 2021) erübrigen sich Weiterungen, wobei die Beschwerdeführerin nach dem soeben Gesagten zu Recht gleichzeitig die Prüfung des Anspruchs auf eine ordentliche Invalidenrente vorgenommen hat. Ihr ist auch insoweit zuzustimmen, als rein privat finanzierte berufliche Eingliederungsmassnahmen der Zusprache einer definitiven Invalidenrente nicht entgegenstehen (vgl. PHILIPP GEERTSEN, in Hürzeler/Kieser [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Sozialversicherungsrecht, UVG, 2018, N. 29 Fn. 94 zu Art. 19 UVG).  
 
6.2. Für die Festsetzung des Invalideneinkommens ist rechtsprechungsgemäss primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in der die versicherte Person konkret steht. Übt sie nach Eintritt der Invalidität eine Erwerbstätigkeit aus, bei der - kumulativ - besonders stabile Arbeitsverhältnisse gegeben sind und anzunehmen ist, dass sie die ihr verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise voll ausschöpft, und erscheint zudem das Einkommen aus der Arbeitsleistung als angemessen und nicht als Soziallohn, gilt grundsätzlich der tatsächlich erzielte Verdienst als Invalidenlohn. Ist kein solches Erwerbseinkommen gegeben, namentlich weil die versicherte Person nach Eintritt des Gesundheitsschadens keine oder jedenfalls keine ihr an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, können gemäss Rechtsprechung die Tabellenlöhne der LSE herangezogen werden (BGE 148 V 174 E. 6.2; 143 V 295 E. 2.2; 135 V 297 E. 5.2).  
 
6.3.  
 
6.3.1. Wie die Beschwerdeführerin nunmehr selbst einräumt, ist es zumindest fraglich, ob die Tätigkeit als Baumpflegespezialist eine zumutbare Tätigkeit darstellt.  
Am 15. Juni 2021 formulierte der Kreisarzt Dr. med. E.________, wie bereits erwähnt, die Anforderungen an eine leidensangepasste Tätigkeit aus neurologischer Sicht. Hinsichtlich der weiteren unfallbedingten Restbeschwerden verwies er auf das von Kreisarzt Dr. med. C.________ am 10. September 2019 umschriebene, seines Erachtens weiterhin gültige Zumutbarkeitsprofil (vgl. Sachverhalt lit. A.b). Zum Zeitpunkt des von Dr. med. E.________ empfohlenen Fallabschlusses wurden demnach einzig die Beschwerden aus dem ersten Unfall im Jahr 2017 berücksichtigt. Die bis zum Verfügungserlass am 16. Juli 2021 erlittenen Unfälle vom Sommer 2020 und vom 9. April 2021 und die bis zum Einspracheentscheid am 14. Oktober 2021 weiteren zwei Unfälle (vom 15. August und 2. September 2021 (jeweils mit Beteiligung des rechten Knies) wurden somit beim definierten Belastbarkeitsprofil des Dr. med. C.________ noch nicht einbezogen. Eine die eingetretene Knieproblematik berücksichtigende fachärztliche Stellungnahme zum zumutbaren Leistungsprofil holte die Beschwerdeführerin in der Folge nicht ein. Dies unterliess sie, obwohl nach Untersuchungen im September 2021 durch Dres. med. F.________, Facharzt für Allgemeinmedizin und Unfallchirurgie und G.________, Chefarzt Orthopädie/Sportmedizin, eine Revisionsoperation und/oder ein allogener vorderer Kreuzbandersatz im Raum standen. Ebenso wenig liess die Beschwerdeführerin Dr. med. C.________ zur erst im Nachgang zu seiner Untersuchung am 10. September 2019 relevant gewordenen Frage Stellung nehmen, ob die Tätigkeit als Baumpflegespezialist mit dem von ihm definierten Belastbarkeitsprofil kompatibel sei. 
Die Beschwerdeführerin hat somit den rechtserheblichen Sachverhalt im Zusammenhang mit der Prüfung des Anspruchs auf eine Invalidenrente unter Verletzung des Untersuchungsgrundatzes nicht hinreichend geklärt. Ob d ie Umschulung zum Baumpflegespezialisten im Zeitpunkt des Einspracheentscheids am 14. Oktober 2021 als leidensangepasste Tätigkeit angesehen werden kann, lässt sich daher nicht ohne weitere medizinische Abklärungen beantworten. 
 
6.3.2. Zum einen ergibt sich mit Blick auf die Abklärungsergebnisse der Invalidenversicherung zu den körperlichen Anforderungen an einen Baumpflegespezialisten bei gegebener Aktenlage nicht schlüssig, ob sich die in dieser Tätigkeit anfallenden körperlichen Belastungen mit der von Dr. med. C.________ festgesetzten Belastungslimite für den Rücken von 20 kg vereinbaren lassen. Zum andern hat die Vorinstanz zutreffend erkannt, dass bezüglich des bereits im Zeitpunkt des Fallabschlusses mehrfach unfallbedingt geschädigten Knies, spätestens aber mit dem dritten Unfall mit Verletzung des rechten Knies am 15. August 2021, nicht mehr von einem unversehrten, bzw. folgenlos ausgeheilten Knie auszugehen ist. Dr. med. G.________ hielt im Bericht vom 28. September 2021 eine insuffiziente Situation im Bereich des vorderen Kreuzbandes fest und riet zu einer erneuten Operation (E. 6.3.1 vorne). In einem Schreiben vom 17. November 2021 an den Rechtsvertreter des Beschwerdegegners erwähnte Dr. med. G.________ eine erneute Operation des rechten Knies mit autologer Ersatzplastik. Indessen bezeichnete er die Ausbildung zum Baumpflegespezialisten, zumindest dannzumal, noch nicht als vollkommen unrealistisch.  
Die Beschwerdeführerin wird demnach nicht umhin kommen, die Frage der Leidensangepasstheit der Tätigkeit des Baumpflegespezialisten aus orthopädisch-chirurgischer Sicht, unter Einbezug der Kniebeschwerden bis zum Einsprachezeitpunkt, weiter abzuklären. Dabei hat auch eine fachärztliche Auseinandersetzung mit den Einschätzungen des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) der IV-Stelle zu erfolgen. 
 
6.3.3. Die Ermittlung des Invalideneinkommens aufgrund des tatsächlich bei der D.________ GmbH erzielten Einkommens im Rahmen der Prüfung der Invalidenrente, wie im Einspracheentscheid geschehen, lässt sich demnach nur halten, sofern diese Tätigkeit fachärztlich als zumutbar angesehen wird. Ansonsten wird die Beschwerdeführerin das Invalideneinkommen anhand von Tabellenlöhnen der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) neu festzusetzen haben. Im Zeitpunkt des Eintritts des medizinischen Endzustands hinsichtlich der Knieproblematik wird die Beschwerdeführerin diese Unfallfolgen allenfalls im Rahmen einer Rentenrevision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG zu berücksichtigen haben.  
 
7.  
Nach dem Gesagten ist die Sache, entsprechend ihrem Eventualbegehren, zu weiteren Abklärungen zwecks Beantwortung der massgebenden Fragen (E. 6.3) an die Beschwerdeführerin zurückzuweisen. Hernach wird sie über den Rentenanspruch neu verfügen. 
 
8.  
Hinsichtlich der Prozesskosten gilt die Rückweisung der Sache zu neuem Entscheid praxisgemäss als volles Obsiegen, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualbegehren gestellt wird (BGE 141 V 281 E. 11.1; Urteil 9C_805/2019 vom 2. Juni 2020, nicht publ. in: BGE 146 V 240, aber in: SVR 2020 KV Nr. 23 S. 107). Im vorliegenden Fall beantragen beide Parteien - eventualiter - die Rückweisung. In einer solchen Konstellation gilt der Beschwerdegegner als unterliegend, zumal es hier nicht auf seine Anträge ankommt (vgl. BGE 128 II 90 E. 2b; 123 V 156; Urteil 2C_816/2020 vom 18. Mai 2020 E. 3.3). Daher hat er die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Die Suva hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 11. Mai 2023 und der Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) vom 14. Oktober 2021 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die Suva zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 21. Februar 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla