6B_205/2023 17.08.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_205/2023  
 
 
Urteil vom 17. August 2023  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Muschietti, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiberin Erb. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Yves Pellet, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Landesverweisung (Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 30. November 2022 (SB220053-O/U/nm-as). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Bezirksgericht Zürich sprach A.________, slowenischer Staatsangehöriger, mit Urteil vom 25. November 2021 des gewerbsmässigen Betrugs und der Urkundenfälschung schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten. Zudem verwies es ihn für die Dauer von fünf Jahren des Landes. 
 
B.  
Auf Berufung von A.________ hin bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am 30. November 2022 sowohl die Schuldsprüche wegen gewerbsmässigen Betrugs und Urkundenfälschung (Dispositiv-Ziff. 1) als auch die bedingte Freiheitsstrafe von acht Monaten (Dispositiv-Ziff. 2 und 3). Von einer Landesverweisung sah es jedoch ab (Dispositiv-Ziff. 4). 
Zusammengefasst liegt den Verurteilungen folgender Sachverhalt zugrunde: A.________ hat im Zeitraum vom 30. Juni 2020 bis 16. Juli 2020 und vom 22. August bis 31. August 2020 insgesamt zwölf Reiseversicherungen abgeschlossen, im Anschluss daran verschiedene Reisen gebucht, ohne diese antreten zu wollen, diese Reisen sodann storniert, Schadensmeldungen für denselben Schaden an die verschiedenen Versicherungsgesellschaften gemacht und dabei echte oder gefälschte Stornobestätigungen bzw. Arztzeugnisse eingereicht. Insgesamt liess er sich einen Betrag von Fr. 93'593.20 ausbezahlen. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, die Dispositiv-Ziffer 4 des Urteils des Obergerichts des Kantons Zürich vom 30. November 2022 sei aufzuheben und A.________ sei für die Dauer von fünf Jahren des Landes zu verweisen. Eventualiter sei die Dispositiv-Ziffer 4 aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen das Absehen von der Anordnung einer Landesverweisung. 
 
1.1. Die Vorinstanz verneint das Vorliegen eines schweren persönlichen Härtefalls i.S.v. Art. 66a Abs. 2 StGB. Jedoch erwägt sie, es liege keine anhaltende und hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung vor, weshalb die Landesverweisung nicht mit Art. 5 Anhang I des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR. 0.142.112.681) vereinbar sei. Sie sieht deshalb von deren Anordnung ab.  
 
1.2. Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB sieht für Ausländer, die wegen gewerbsmässigen Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 2 StGB verurteilt wurden, unabhängig von der Höhe der Strafe, die obligatorische Landesverweisung für 5-15 Jahre aus der Schweiz vor. Demzufolge ist der Beschwerdeführer als slowenischer Staatsangehöriger grundsätzlich des Landes zu verweisen.  
 
1.2.1. Gemäss Art. 66a Abs. 2 Satz 1 StGB kann das Gericht ausnahmsweise von einer Landesverweisung absehen, wenn diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen. Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind (Art. 66a Abs. 2 Satz 2 StGB).  
Die Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB dient der Umsetzung des Verhältnismässigkeitsprinzips (Art. 5 Abs. 2 BV; BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.1.2 und 3.3.1). Sie ist restriktiv anzuwenden (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.3.1). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich zur kriteriengeleiteten Prüfung des Härtefalls im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB der Kriterienkatalog der Bestimmung über den "schwerwiegenden persönlichen Härtefall" in Art. 31 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) heranziehen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2 mit Hinweisen; 144 IV 332 E. 3.3.2). Zu berücksichtigen sind namentlich der Grad der (persönlichen und wirtschaftlichen) Integration, einschliesslich familiärer Bindungen des Ausländers in der Schweiz bzw. in der Heimat, Aufenthaltsdauer, Gesundheitszustand und Resozialisierungschancen (BGE 144 IV 332 E. 3.3.2; Urteile 6B_244/2021 vom 17. April 2023 E. 6.3.1; 6B_33/2022 vom 9. Dezember 2022 E. 3.2.3; je mit Hinweisen). 
Wird ein schwerer persönlicher Härtefall bejaht, entscheidet sich die Sachfrage in einer Interessenabwägung nach Massgabe der "öffentlichen Interessen an der Landesverweisung". Nach der gesetzlichen Systematik ist die obligatorische Landesverweisung anzuordnen, wenn die Katalogtaten einen Schweregrad erreichen, bei welchem die Landesverweisung zur Wahrung der inneren Sicherheit als notwendig erscheint. Diese Beurteilung lässt sich strafrechtlich nur in der Weise vornehmen, dass massgebend auf die verschuldensmässige Natur und Schwere der Tatbegehung, die sich darin manifestierende Gefährlichkeit des Täters für die öffentliche Sicherheit und die Legalprognose abgestellt wird (Urteile 6B_134/2021 vom 20. Juni 2022 E. 5.3.2; 6B_748/2021 vom 8. September 2021 E. 1.1.1; je mit Hinweisen). 
 
1.2.2. Ob eine Landesverweisung anzuordnen ist, bestimmt sich zunächst nach dem Schweizer Recht. Ist nach dem massgebenden Recht eine Landesverweisung anzuordnen, stellt sich gegebenenfalls die weitere Frage, ob ein völkerrechtlicher Vertrag wie das Freizügigkeitsabkommen einen Hinderungsgrund für die Landesverweisung bildet (Urteile 6B_244/2021 vom 17. April 2023 E. 6.3.6; 6B_134/2021 vom 20. Juni 2022 E. 5.3.6; je mit Hinweisen).  
Nach Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA dürfen die im Abkommen eingeräumten Rechte nur durch Massnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind, eingeschränkt werden. Die Landesverweisung nach Art. 66a ff. StGB ist als Institut des Strafrechts und nach der Intention des Verfassungs- und des Gesetzgebers primär als sichernde strafrechtliche Massnahme zu verstehen (vgl. Art. 121 Abs. 2 und Abs. 5 BV; Urteile 6B_244/2021 vom 17. April 2023 E. 6.3.6; 6B_134/2021 vom 20. Juni 2022 E. 5.3.6; je mit Hinweisen). Ob die öffentliche Ordnung und Sicherheit (weiterhin) gefährdet ist, folgt aus einer Prognose des künftigen Wohlverhaltens. Es ist nach Art und Ausmass der möglichen Rechtsgüterverletzung zu differenzieren: Je schwerer die Gefährdung, desto niedriger die Anforderungen an die in Kauf zu nehmende Rückfallgefahr. Ein geringes, aber tatsächlich vorhandenes Rückfallrisiko kann für eine aufenthaltsbeendende Massnahme im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA genügen, sofern dieses Risiko eine schwere Verletzung hoher Rechtsgüter wie beispielsweise die körperliche Unversehrtheit beschlägt (BGE 145 IV 364 E. 3.5.2; Urteile 6B_244/2021 vom 17. April 2023 E. 6.3.6; 6B_134/2021 vom 20. Juni 2022 E. 5.3.6; je mit Hinweisen). 
 
1.3. Die Vorinstanz verneint das Vorliegen eines schweren persönlichen Härtefalls i.S.v. Art. 66a Abs. 2 StGB. Dabei erwägt sie, der heute 27-jährige Beschwerdegegner sei erst seit 2018 in der Schweiz. Zwar sei er wirtschaftlich und sozial gut integriert, aber als gut ausgebildeter, mehrsprachiger Kosmopolit könne er problemlos auch ausserhalb der Schweiz (wieder) Fuss fassen. Darauf braucht nicht näher eingegangen zu werden, zumal die Beschwerdeführerin diese Einschätzung nicht beanstandet.  
 
1.4.  
 
1.4.1. Die Vorinstanz setzt sich mit der Frage auseinander, ob eine Landesverweisung auch mit dem FZA vereinbar ist. Sie erwägt, der Beschwerdegegner habe mit dem gewerbsmässigen Betrug ein Delikt erheblicher Schwere begangen. Angesichts des Deliktsbetrags von über Fr. 90'000.-- ist dagegen grundsätzlich nichts einzuwenden; der Beschwerdegegner hat das Rechtsgut Vermögen erheblich verletzt. Wie die Vorinstanz zutreffend darlegt, handelt es sich dabei aber nicht um eine schwere Verletzung hoher Rechtsgüter wie der psychischen, physischen oder sexuellen Integrität. Der Beschwerdeführerin ist zwar insoweit beizupflichten, als nicht vorausgesetzt sei, dass ein Täter bereits mehrfach vorbestraft sei oder sich gar als eigentlicher Gewohnheitsverbrecher präsentieren müsse, damit die obligatorische Landesverweisung bei Anwendung des FZA ausgesprochen werden könne. Jedoch ist, wie bereits dargelegt, jeweils nach Art und Ausmass der möglichen Rechtsgüterverletzung zu differenzieren. Ein geringes Rückfallrisiko kann ausreichen, sofern es eine schwere Verletzung hoher Rechtsgüter, wie z.B. die körperliche Unversehrtheit, beschlägt (vgl. oben E. 1.2.2). Sind andere Rechtsgüter, wie vorliegend das Vermögen, betroffen, so sind entsprechend höhere Anforderungen an die Rückfallgefahr bzw. die Legalprognose zu stellen. Die Vorinstanz setzt den Schwerpunkt ihrer Prüfung folglich zu Recht auf die Prognose des künftigen Wohlverhaltens. Die Rüge der Beschwerdeführerin, wonach eine Landesverweisung i.S.v. Art. 66a StGB bei Vermögensdelikten auf vom FZA geschützte Personen geradezu verunmöglicht werde, geht fehl. Ebensowenig vermag sie aus ihrem Vergleich mit dem "Drogenhandel" etwas für sich abzuleiten.  
 
1.4.2. Die Beschwerdeführerin rügt, obwohl die Vorinstanz anlässlich der Strafzumessung von eklatantem Unrechtbewusstsein und selten gesehener Skrupellosigkeit spreche, lege sie bei der Beurteilung einer möglichen Rückfallgefahr diese Hinweise auf ein skrupelloses, habgieriges und dreistes Vorgehen des Beschwerdegegners ohne ersichtlichen Grund anders, namentlich zu seinen Gunsten, aus. Sie erkenne lediglich noch gewisse Verdachtsmomente auf eine deliktsaffine Persönlichkeitsstruktur und betone, er sei mangels Vorstrafen kein Gewohnheitsverbrecher. Auch mit Bezug auf die Revokation der Schadensforderungen und die Rückerstattung gehe die Vorinstanz plötzlich von einem klaren Zeichen für eine risikoaverse Veranlagung und einem klaren Hinweis darauf aus, er werde auf keinen Fall eine Landesverweisung riskieren.  
Die Beschwerdeführerin vermag nicht aufzuzeigen und es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit die vorinstanzlichen Erwägungen zur Strafzumessung mit denjenigen zur Rückfallgefahr in Widerspruch stehen und die Vorinstanz dadurch Recht verletzt. Vielmehr nimmt die Vorinstanz eine nachvollziehbare Beurteilung anhand der relevanten Kriterien vor. 
 
1.4.3. Die Vorinstanz erwägt, zwar würden aufgrund der unverfrorenen Art des Beschwerdegegners gewisse Verdachtsmomente für eine deliktsaffine Persönlichkeitsstruktur vorliegen; jedoch sei der Beschwerdegegner weder in der Schweiz noch im Ausland vorbestraft, weshalb jedenfalls nicht von einem Gewohnheitsverbrecher gesprochen werden könne. Diese Ausführungen geben soweit zu keinen Bemerkungen Anlass, zumal (hier fehlende) Vorstrafen für die Beurteilung der Rückfallgefahr von erheblicher Bedeutung sind. Die Vorinstanz geht zudem auch nicht, wie die Beschwerdeführerin geltend macht, davon aus, es bestehe überhaupt keine Gefahr für erneute ähnliche Gedankengänge in Zukunft. Vielmehr führt sie aus, es würden gewisse Restzweifel hinsichtlich der Persönlichkeitsstruktur bestehen, was jedoch alleine noch keine relevante Rückfallgefahr begründet. Was die Vorinstanz mit Bezug auf die erstinstanzliche Einschätzung der Rückfallgefahr ausführt, ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht zu beanstanden.  
 
1.4.4. Zur persönlichen Situation des Beschwerdegegners zum Zeitpunkt der Versicherungsbetrüge führt die Vorinstanz aus, er habe sich damals beruflich umorientieren und hierzu in Zürich ein mehrjähriges Informatikstudium absolvieren wollen, das er im September 2020 auch angetreten sei. Er habe sich grosse Sorgen um seine finanzielle Zukunft gemacht, habe aber seine Eltern nicht belangen wollen. In dieser speziellen, sein kriminelles Handeln selbstredend nicht entschuldigenden Situation sei es zu den Betrügen gekommen, deren Ziel gewesen sei, die nötigen Mittel für die Bestreitung des Lebensunterhalts während des Studiums erhältlich zu machen.  
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin zeigt die Vorinstanz kein "Verständnis" für das Handeln des Beschwerdegegners. Sie nimmt vielmehr eine nicht zu beanstandende Einzelfallwürdigung vor und zeigt auf, wie es zu den Versicherungsbetrügen gekommen ist. Die Beschwerdeführerin scheint zu übersehen, dass die Vorinstanz zudem selbst ausführt, das kriminelle Verhalten werde dadurch selbstredend nicht entschuldigt. Zudem erweist sich die Kritik der Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht teilweise als appellatorisch, wenn sie blosse Spekulationen über die Absichten des Beschwerdegegners vornimmt und der vorinstanzlichen Darstellung lediglich ihre eigene Sicht der Dinge gegenüberstellt (Art. 42 Abs. 2, Art. 106 Abs. 2 BGG). Dies beispielsweise, wenn die Beschwerdeführerin geltend macht, wären die Sorgen des Beschwerdegegners um seine finanzielle Zukunft tatsächlich derart gross gewesen, wie die Vorinstanz vermute, so hätte er das Studium wieder abbrechen oder gar nicht antreten können, um einer (legalen) Erwerbstätigkeit nachzugehen. Gleiches gilt für den Einwand der Beschwerdeführerin, er hätte auch nebst dem Studium ein gewisses Einkommen erzielen können und es wäre ihm vollkommen freigestanden, seine finanzielle Lage anders zu organisieren und dafür zu sorgen, dass er auf legale Weise den Lebensunterhalt und das Zweitstudium hätte finanzieren können. Ebenso wenn die Beschwerdeführerin annimmt, der Beschwerdegegner hätte seine Betrügereien nicht freiwillig eingestellt, sondern eher ausgebaut, und sich mit dem erlangten Geld einen hohen Lebensstandard geleistet. Soweit die Beschwerdeführerin schliesslich gestützt auf ihre Ausführungen die Schlussfolgerung zieht, es sei von einer dauernden, sich auch weiterhin in der Skrupellosigkeit steigernden deliktischen Tätigkeit auszugehen, zumal dem Beschwerdegegner auch das Vorhandensein einer Habgier nachgesagt werden dürfe und keine Anzeichen dafür zu erkennen seien, dass er auch ohne Kontosperrung und Eröffnung eines Strafverfahrens von seinen Handlungen zurückgetreten wäre, legt sie der vorinstanzlichen Würdigung erneut lediglich ihre eigene Auffassung gegenüber. Damit vermag die Beschwerdeführerin die vorinstanzliche Einschätzung der Rückfallgefahr indes nicht in Frage zu stellen. 
 
1.4.5. Die Vorinstanz erwägt weiter, heute präsentiere sich eine völlig andere Ausgangslage, sei der Beschwerdegegner doch seit Februar 2021 bei derselben Arbeitgeberin in Festanstellung tätig und verdiene als erst 27-Jähriger bereits ein überdurchschnittliches Einkommen. Aufgrund seiner Qualifikationen und Berufserfahrung sei sodann davon auszugehen, dass er im Falle eines Stellenverlustes problemlos eine neue Anstellung finden würde. Die Beschwerdeführerin wendet dagegen lediglich ein, die Situation des Beschwerdegegners präsentiere sich nicht wesentlich anders als im Juni 2020. Als einzige Neuerung in den Lebensumständen des Beschwerdegegners könne vorgebracht werden, er habe den Traum eines weiteren Studiums grundsätzlich aufgegeben. Ihre Ausführungen reichen nicht aus, um ihr Vorbringen zu stützen, wonach ernsthaft befürchtet werden müsse, der Beschwerdegegner könne erneut versucht sein, seinen Lebensstandard mittels deliktischer Tätigkeiten zu verbessern. Die Auffassung der Vorinstanz gibt indes zu keinen Bemerkungen Anlass.  
 
1.4.6. Schliesslich bezieht die Vorinstanz in ihre Würdigung ebenso zu Recht mit ein, dass der Beschwerdegegner, nachdem eine erste Versicherung ihm auf die Schliche gekommen und ein Strafverfahren eingeleitet worden sei, sofort und diskussionslos sämtliche ausstehenden Schadenforderungen revoziert und sogleich auch die Rückerstattung bereits erhaltener Zahlungen in die Wege geleitet habe. Dies könne nicht anders interpretiert werden, als dass er durchaus risikoavers veranlagt sei und inskünftig auf keinen Fall eine Landesverweisung und damit den Verlust des bisher Erreichten riskieren würde. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, vermag nicht zu überzeugen. Sie belässt es sinngemäss dabei, vorzubringen, die Vorinstanz weiche von ihrer Einschätzung bei der Strafzumessung ab. Überdies macht die Beschwerdeführerin geltend, dem gut gebildeten Beschwerdegegner sei auch bereits bei Aufnahme der deliktischen Tätigkeit im Jahr 2020 klar gewesen, dass er damit eine Landesverweisung riskiere. Es erscheine wenig wahrscheinlich, dass er sich heute im Gegensatz zu früher von einer erneuten deliktischen Tätigkeit abhalten lassen werde. Die Argumentation der Beschwerdeführerin verfängt nicht, zumal sie sich nicht begründet mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinandersetzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Darauf braucht nicht näher eingegangen zu werden.  
 
1.4.7. Ebensowenig ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu behandeln, wonach das FZA gewerbsmässigen Betrügern kein Aufenthaltsrecht gewähre. Sie übersieht, dass die Vorinstanz eine ausführliche und nachvollziehbare Würdigung der Umstände vornimmt und insgesamt zu Recht eine realistische Rückfallgefahr und damit einhergehend auch eine anhaltende und hinreichend schwere, das Grundinteresse der Gesellschaft berührende Gefahr für die öffentliche Ordnung i.S.v. Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA verneint. Dabei berücksichtigt die Vorinstanz zutreffend auch die fehlenden Vorstrafen sowie das (gerade noch) leichte Verschulden. Der vorinstanzliche Verzicht auf die Anordnung einer Landesverweisung verletzt weder Art. 66a Abs. 2 StGB noch Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA. Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet.  
 
2.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der unterliegenden Beschwerdeführerin sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Dem Beschwerdegegner ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, da ihm im bundesgerichtlichen Verfahren keine Auslagen entstanden sind. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. August 2023 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Erb