2C_623/2023 16.11.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_623/2023  
 
 
Urteil vom 16. November 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________ AG, 
2. B.________ gesellschafts mbH, 
3. C.________ S.A., 
Beschwerdeführerinnen, 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Rihm, 
 
gegen  
 
Eidgenössisches Finanzdepartement, 
Generalsekretariat, Rechtsdienst, 
Bundesgasse 3, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Staatshaftung, 
 
Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des 
Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 
19. Oktober 2023 (A-5526/2023). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit als "Gesuch um gütliche Einigung gemäss Art. 33b des Verwaltungsverfahrensgesetzes" betitelten Eingabe vom 12. Mai 2023 ersuchten die A.________ AG, die B.________ gesellschafts mbH und die C.________ S.A. beim Eidgenössichen Finanzdepartement (EFD) um die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens mit dem Ziel der gütlichen Einigung. Das EFD nahm die Eingabe als Staatshaftungsgesuch entgegen (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
Als Anspruchsgrundlage wiesen sie in ihrer Eingabe auf den Konkurs der D.________ GmbH hin. Bei den Gesuchstellerinnen handle es sich um Gläubigergruppen bzw. Vertretungen von Gläubigergruppen der D.________ GmbH. Die Gesuchstellerinnen erhoben teilweise Anspruch auf die blockierten Vermögenswerte im Fallkomplex E.________, deren Rückführung in die Republik Usbekistan vom Bundesrat beschlossen worden sei (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
Das EFD nahm mit Schreiben vom 6. September 2023 dazu Stellung. Es hielt fest, dass es an Hinweisen auf ein widerrechtliches Verhalten sowie an einem Kausalzusammenhang zwischen dem geltend gemachten Schaden und dem geltend gemachten widerrechtlichen Verhalten fehlen würde. 
 
1.2. Gegen das Schreiben vom 6. September 2023 erhoben die A.________ AG, die B.________ gesellschafts mbH und die C.________ S.A. Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, wobei sie den Streitwert auf Fr. 600'000'000.-- bezifferten.  
Mit Zwischenverfügung vom 19. Oktober 2023 forderte das Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, die A.________ AG, die B.________ gesellschafts mbH und die C.________ S.A. - unter Androhung des Nichteintretens - unter anderem auf, bis zum 20. November 2023 einen Kostenvorschuss von Fr. 50'000.--, unter solidarischer Haftung, zu leisten (Dispositiv-Ziff. 1 und 2). 
Mit Zwischenverfügung vom 25. Oktober 2023 wies das Bundesverwaltungsgericht ein Gesuch der A.________ AG, der B.________ gesellschafts mbH und der C.________ S.A. um Wiedererwägung der Zwischenverfügung vom 19. Oktober 2023 ab. 
 
1.3. Die A.________AG, die B.________ gesellschafts mbH und die C.________ S.A. gelangen mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 7. November 2023 (Postaufgabe) an das Bundesgericht und beantragen die Aufhebung der Zwischenverfügungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2023 und vom 25. Oktober 2023, soweit sie damit zur Leistung eines Kostenvorschusses in der Höhe von Fr. 50'000.-- aufgefordert wurden. Sie beantragen dem Bundesgericht, reformatorisch zu entscheiden, dass sie keinen Kostenvorschuss, eventualiter einen solchen von Fr. 5'000.-- bezahlen müssen. Prozessual ersuchen sie um aufschiebende Wirkung bzw. vorsorgliche Massnahmen in dem Sinne, dass ihnen die Frist vom 20. November 2023 zur Leistung eines Kostenvorschusses bis zum Entscheid des Bundesgerichts abzunehmen sei. Ferner ersuchen sie um Befreiung von der Leistung eines Kostenvorschusses im bundesgerichtlichen Verfahren.  
Das Bundesgericht eröffnete daraufhin das vorliegende Verfahren 2C_623/2023 betreffend die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2023 sowie das Parallelverfahren 2C_624/2023 betreffend die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 2023. 
Dem Gesuch um aufschiebende Wirkung bzw. vorsorgliche Massnahmen wurde mit Formularverfügung vom 10. November 2023 superprovisorisch entsprochen. 
Es wurden keine weiteren Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
2.  
 
2.1. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet einzig die Leistung eines Kostenvorschusses im vorinstanzlichen Verfahren. Der angefochtene Entscheid schliesst das Verfahren nicht ab und stellt somit keinen Endentscheid (Art. 90 BGG), sondern einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG dar. Nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens (vgl. BGE 143 II 425 E. 1.3; 138 II 501 E. 1.1) folgt der Rechtsweg bei Zwischenentscheiden demjenigen der Hauptsache (vgl. BGE 137 III 380 E. 1.1; Urteile 2C_477/2021 vom 24. Juni 2021 E. 1.2; 2C_1062/2020 vom 25. März 2021 E. 1.1).  
In der Sache geht es um ein Staatshaftungsbegehren. Angesichts der gemäss dem angefochtenen Entscheid geltend gemachten Forderung in der Höhe von Fr. 600'000'000.-- steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 85 Abs. 1 lit. a e contrario). Folglich ist dieses Rechtsmittel auch gegen den angefochtenen Zwischenentscheid zulässig.  
 
2.2. Gegen selbständig eröffnete Zwischenentscheide, die weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG), ist die Beschwerde - abgesehen vom hier nicht massgebenden Fall gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG - nur zulässig, wenn der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (vgl. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; vgl. betreffend die Leistung eines Kostenvorschusses Urteile 2C_349/2023 vom 22. Juni 2023 E. 2.3; 2C_1037/2022 vom 4. Januar 2023 E. 2.2 und 2.3 mit Hinweisen). Dass im konkreten Fall ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht, ist in der Beschwerdebegründung aufzuzeigen, soweit ein solcher nicht ohne Weiteres ins Auge springt. Andernfalls ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (BGE 144 III 475 E. 1.2; 142 III 798 E. 2.2; 141 III 80 E. 1.2; Urteil 5A_822/2021 vom 12. Oktober 2021 E. 2 und 3). Macht die beschwerdeführende Partei geltend, es sei ihr der Zugang zum Gericht verwehrt, weil sie namentlich einen Kostenvorschuss oder eine Sicherheit für die Parteientschädigung leisten muss, hat sie in der Beschwerdebegründung aufzuzeigen, dass sie finanziell dazu nicht in der Lage ist (vgl. BGE 142 III 798 E. 2.3.4).  
 
2.3. Die Beschwerdeführerinnen begründen den drohenden nicht wiedergutzumachenden Nachteil zunächst mit dem Umstand, dass sie, sollte die Vorinstanz auf ihre Beschwerde nicht eintreten oder diese abweisen, ein Klageverfahren nach Art. 120 BGG einleiten müssten, welches mit zusätzlichen Kosten verbunden sei, die teilweise vorschusspflichtig wären. Demgegenüber sei das von ihnen initiierte Staatshaftungsverfahren vor dem EFD und dem Bundesverwaltungsgericht kostengünstiger, da sie im Unterliegensfall keine Parteientschädigung bezahlen müssten. Ferner bringen sie vor, eine direkte Klage an das Bundesgericht hätte den Nachteil, dass das Urteil nicht weitergezogen werden und das Verfahren mehrere Jahre dauern könnte.  
Mit diesen Ausführungen zeigen die Beschwerdeführerinnen, bei denen es sich um juristische Personen handelt, in keiner Weise auf, dass sie nicht in der Lage seien, den von der Vorinstanz verlangten Kostenvorschuss von Fr. 50'000.-- zu bezahlen, wozu sie aber gestützt auf ihre Begründungspflicht gehalten wären (vgl. E. 2.2 hiervor). Hinweise auf hypothetische zusätzliche Kosten, die ihnen in künftigen Verfahren, die nicht Verfahrensgegenstand bilden, entstehen könnten, reichen dazu nicht aus. Gleich verhält es sich mit den nicht weiter substanziierten Behauptungen, die operativ tätigen Beschwerdeführerinnen 1 und 2 hätten "unter Umständen betriebsinterne Schwierigkeiten, den vorinstanzlich verlangten Kostenvorschuss zu bezahlen" und der Alleinaktionär der nicht mehr operativ tätigen Beschwerdeführerin 3 sei "finanziell nicht mehr auf Rosen gebettet". Auch diese Vorbringen genügen nicht, um einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne der dargelegten Rechtsprechung darztun. 
 
2.4. Folglich gelingt es den Beschwerdeführerinnen in Bezug auf den angefochtenen Zwischenentscheid nicht darzutun, dass die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG erfüllt sind. Dass ein nicht wieder gutzumachender Nachteil drohen könnte, ist im Übrigen auch nicht offensichtlich.  
 
3.  
 
3.1. Auf die offensichtlich unzulässige Beschwerde ist mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. a) nicht einzutreten. Damit fallen die mit Verfügung vom 10. November 2023 superprovisorisch angeordneten Massnahmen dahin.  
Angesichts des Umstands, dass die in der vorliegend angefochtenen Zwischenverfügung angesetzte Frist für die Bezahlung des Kostenvorschusses am 20. November 2023 abläuft, wird die Vorinstanz angewiesen, den Beschwerdeführerinnen eine neue Frist anzusetzen. 
 
3.2. Das als Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entgegenzunehmende Gesuch um Befreiung von der Leistung eines Kostenvorschusses im bundesgerichtlichen Verfahren wird bereits zufolge Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels abgewiesen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die umständehalber reduzierten Gerichtskosten (vgl. Verfahren 2C_624/2023) werden den unterliegenden Beschwerdeführerinnen unter solidarischer Haftung auferlegt (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen unter solidarischer Haftung auferlegt. 
 
4.  
Das Bundesverwaltungsgericht wird angewiesen, den Beschwerdeführerinnen eine neue Frist für die Bezahlung des Kostenvorschusses anzusetzen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. November 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov