6B_577/2023 08.06.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_577/2023  
 
 
Urteil vom 8. Juni 2023  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Wyttenbach, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis, Bahnhofplatz 10, Postfach, 8953 Dietikon, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (Hausfriedensbruch, Verletzung des Geheim- und Privatbereichs durch Aufnahmegeräte); Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 4. April 2023 (UE220264-O/U/GRO). 
 
 
Das präsidierende Mitglied zieht in Erwägung:  
 
1.  
Der Beschwerdeführer erstattete am 19. April 2022 Strafanzeige und in diesem Zusammenhang Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs und Verletzung des Geheim- und Privatbereichs durch Aufnahmegeräte gegen den für die Liegenschaft zuständigen Hauswart, in der sich seine Mietwohnung befindet. Der Hauswart soll am 27. Januar 2022 die Wohnung des Beschwerdeführers gegen dessen Willen betreten und, ohne seine Kenntnis oder Zustimmung, Fotoaufnahmen, insbesondere der Küche, erstellt und an die Liegenschaftsverwaltung weitergeleitet haben. Nach ergänzenden Ermittlungen der Kantonspolizei Zürich, im Auftrag der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis, nahm Letztere ein Verfahren am 15. September 2022 nicht an die Hand. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 4. April 2023 ab. Der Beschwerdeführer wendet sich an das Bundesgericht. 
 
2.  
Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ist die Privatklägerschaft zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Als Zivilansprüche im Sinne der genannten Bestimmung gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. In erster Linie handelt es sich um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR (BGE 146 IV 76 E. 3.1). Richtet sich die Beschwerde gegen die Einstellung oder Nichtanhandnahme eines Verfahrens, hat die Privatklägerschaft nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden eine Zivilforderung geltend gemacht. Die Privatklägerschaft muss vor Bundesgericht daher in jedem Fall darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderung auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen Begründungsanforderungen nicht, kann auf sie nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderungen es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1). 
 
3.  
Der Beschwerdeführer führt zur Legitimation im Wesentlichen aus, durch den angefochtenen Beschluss direkt betroffen und beschwert zu sein und ein rechtlich geschütztes Interesse an dessen Aufhebung zu haben. Im kantonalen Verfahren habe er sich bereits in der Strafanzeige als Privat- und Strafkläger konstituiert. Der angefochtene Beschluss wirke sich auf die Beurteilung der noch geltend zu machenden Zivilansprüche, insbesondere einer Genugtuungsforderung aus. Das unerlaubte Fotografieren von privaten Räumlichkeiten stelle eine schwere Verletzung seiner Persönlichkeit dar. Selbst wenn er später einen Zivilprozess anstrengen müsste, so würde ein Strafurteil, in welchem die beschuldigte Person verurteilt worden sei, durch den Zivilrichter berücksichtigt werden müssen; der Richter dürfte nicht ohne triftigen Grund von den Erkenntnissen der Strafuntersuchung abweichen. Folglich sei er - der Beschwerdeführer - zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert (Beschwerde S. 2 und 3). 
 
4.  
Diese (eher) pauschalen Ausführungen genügen nicht für die Begründung der Legitimation im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG, da sich daraus nicht ergibt, um welche konkreten Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche es im Einzelnen gehen könnte. Aufgrund des behaupteten Deliktssachverhalts läge eine Berufung auf den Persönlichkeitsschutz nach Art. 28 ZGB vermutungsweise nahe. Der Beschwerdeführer zeigt jedoch nicht auf, inwiefern die entsprechenden zivilrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein sollen und welche allfälligen Ansprüche er konkret geltend machen will. Abgesehen davon sind Zivilforderungen, ausgehend vom angeblichen Deliktssachverhalt, auch nicht ohne weiteres ersichtlich. Weder liegen Schadenersatzforderungen auf der Hand noch geht aus dem Sachverhalt hervor, welche Ansprüche aus Persönlichkeitsverletzung der Beschwerdeführer ableiten könnte. Nicht jede noch so geringfügige Beeinträchtigung der Persönlichkeit kann als rechtlich relevante Verletzung, die eine Genugtuung rechtfertigen könnte, verstanden werden (BGE 130 III 699 E. 5.1; 125 III 70 E. 3a). Die Verletzung muss vielmehr eine gewisse Intensität erreichen. Auf die subjektive Empfindlichkeit des Betroffenen kommt es dabei nicht an (Urteile 6B_73/2018 vom 9. August 2018 E. 4.3; 6B_730/2017 vom 7. März 2018 E. 1.4; 6B_816/2017 vom 20. Dezember 2017 E. 1.2.3). Dass es vorliegend um eine Persönlichkeitsverletzung gehen soll, die im Sinne der Rechtsprechung die erforderliche Schwere erreicht haben könnte, ist weder dargetan noch offensichtlich (vgl. Urteil 6B_908/2016 vom 2. Februar 2017 E. 2). Die blosse Behauptung, beim unberechtigten Fotografieren in Privaträumen gehe es um eine schwere Verletzung, erfüllt die Begründungsanforderungen nicht (vgl. Urteil 6B_774/2009 vom 1. Oktober 2009 E. 1). Ob und inwieweit sich eine Verurteilung (d.h. ein rechtskräftiges Strafurteil) auf die Zivilforderungen auswirken kann, beurteilt sich im Übrigen nach Art. 53 OR und ist für die hier zwingend vorausgesetzte Rechtsmittellegitimation nach Art. 81 BGG nicht relevant. Dem Beschwerdeführer fehlt es damit an der Legitimation in der Sache. 
 
5.  
Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft eine Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht zu hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (sog. "Star-Praxis"; BGE 141 IV 1 E. 1.1; 138 IV 248 E. 2; je mit Hinweisen). 
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Staatsanwaltschaft habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil er keine Möglichkeit gehabt habe, sich zu den Behauptungen der beschuldigten Person zu äussern und ihr Ergänzungsfragen zu stellen. Zudem habe es die Staatsanwaltschaft unterlassen, ihm vor Erlass der Nichtanhandnahmeverfügung Akteneinsicht zu gewähren und Gelegenheit zu geben, zum Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen Stellung zu nehmen (Beschwerde S. 6). Soweit der Beschwerdeführer damit eine Verletzung von Teilnahme- und damit von Verfahrensrechten rügt, handelt es sich grundsätzlich um eine formelle Rüge, die unbesehen der Sachlegitimation erhoben werden kann. Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Beschluss ergibt sich jedoch nicht, dass der Beschwerdeführer bereits vor Vorinstanz geltend machte, die Staatsanwaltschaft habe seine Verfahrensrechte verletzt. Die Beschwerde in Strafsachen ist zulässig gegen verfahrensabschliessende Entscheide letzter kantonaler Instanzen (Art. 80 Abs. 1, Art. 90 BGG). Der Instanzenzug muss nicht nur prozessual durchlaufen, sondern auch materiell erschöpft sein. Verfahrensrechtliche Einwendungen, die im kantonalen Verfahren hätten geltend gemacht werden können, können nach dem Grundsatz der materiellen Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs vor Bundesgericht nicht mehr vorgebracht werden (BGE 135 I 91 E. 2.1). Dass und weshalb es dem Beschwerdeführer nicht möglich und zumutbar gewesen sein soll, seine Einwendungen vor Vorinstanz vorzubringen, ist weder dargetan noch ersichtlich. Auf die erstmals vor Bundesgericht erhobenen Vorbringen kann daher mangels Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs nicht eingetreten werden. 
Im Übrigen bleibt in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Bundesgericht wiederholt erkannt hat, den Parteien komme vor dem Erlass einer Nichtanhandnahmeverfügung ohnehin kein Anspruch auf rechtliches Gehör zu, da diesem mit der vorgesehenen Beschwerdemöglichkeit genügend Nachachtung verschafft werde (Urteile 6B_1229/2021 vom 17. Januar 2022 E. 6.3.2; 6B_342/2017 vom 4. August 2017 E. 3.2; 6B_617/2016 vom 2. Dezember 2016 E. 3.3.1 mit Hinweisen). 
 
6.  
Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. Juni 2023 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill