8C_451/2022 01.12.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_451/2022  
 
 
Urteil vom 1. Dezember 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiber Hochuli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokat Stephan Bläsi, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang, psychisches Leiden), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 12. Mai 2022 (725 21 303 / 108). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren 1978, arbeitete seit 1. März 2018 als angelernter Bodenleger in der B.________ AG und war in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 8. August 2019 war er als schlafender Beifahrer in dem von seinem Bruder gelenkten Opel Zafira zusammen mit seiner Mutter, seiner Frau und drei seiner vier Kinder aus seinem Heimatland Mazedonien auf der Rückreise in die Schweiz. Auf der Autobahn in Serbien (bei xxx) prallte der Opel bei einer Geschwindigkeit von etwa 130 km/h in das Heck eines Lieferwagens. Während seine Frau und zwei seiner Kinder über Nacht hospitalisiert bleiben mussten, fanden die Ärzte des Spitals C.________ beim Versicherten am Unfalltag ambulant röntgenologisch keine Frakturen. Unmittelbar nach seiner Rückkehr in die Schweiz begab sich der Versicherte am 10. August 2019 notfallmässig ins Universitätsspital D.________, wo nach eingehender bildgebender Untersuchung eine intrakranielle Blutung, eine Fraktur der Schädelkalotte oder der Halswirbelsäule (HWS) ausgeschlossen wurden. Dr. med. E.________, diagnostizierte abschliessend eine Distorsion der HWS Grad II, eine nicht dislozierte Querfraktur des Brustbeins und eine Hüftkontusion links. Die Suva übernahm die Heilbehandlung und richtete ein Taggeld aus. Nach umfangreichen erwerblichen und medizinischen Abklärungen schloss die Suva den Fall per 9. Mai 2021 folgenlos ab (Verfügung vom 13. April 2021) und hielt daran mit Einspracheentscheid vom 14. September 2021 fest. 
 
B.  
Die hiergegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft ab (Urteil vom 12. Mai 2022). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, das kantonsgerichtliche Urteil sei aufzuheben und die Suva zu verpflichten, ihm die gesetzlichen Leistungen nach UVG rückwirkend wieder auszurichten. Eventualiter habe die Suva dem Versicherten unter Aufhebung des angefochtenen Urteils eine UVG-Rente und eine Integritätsentschädigung zu erbringen. Zudem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 145 V 304 E. 1.1).  
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung besteht keine Bindung an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 97 Abs. 2 i.V.m. Art. 105 Abs. 3 BGG; vgl. BGE 140 V 136 E. 1.2.1).  
 
2.  
 
2.1. Strittig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie in Bestätigung des Einspracheentscheids vom 14. September 2021 die Einstellung sämtlicher Versicherungsleistungen und den folgenlosen Fallabschluss per 9. Mai 2021 mangels Unfallkausalität der darüber hinaus geklagten Beschwerden schützte. Zeitliche Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildet dabei der Erlass des Einspracheentscheids vom 14. September 2021 (BGE 143 V 409 E. 2.1; 134 V 392 E. 6; je mit Hinweis; Urteil 8C_43/2021 vom 27. April 2021 E. 2.1).  
 
2.2. Das kantonale Gericht hat die für die Prüfung der Streitfrage massgeblichen rechtlichen Grundlagen zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).  
 
3.  
Soweit der Beschwerdeführer gestützt auf den Austrittsbericht vom 8. Juli 2022 der Klinik F.________ zu seinem dortigen stationären Aufenthalt vom 3. Mai bis 27. Juni 2022 neu erstmals vor Bundesgericht (vgl. zum grundsätzlichen Novenverbot Art. 99 Abs. 1 BGG; vgl. auch BGE 143 V 19 E. 1.2 mit Hinweisen; SVR 2022 UV Nr. 32 S. 130, 8C_541/2021 E. 1.2 i.f.) eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes geltend macht, liegt diese Tatsache ausserhalb der mit Erlass des Einspracheentscheides vom 14. September 2021 in zeitlicher Hinsicht begrenzten Überprüfungsbefugnis (vgl. E. 2.1). 
 
4.  
 
4.1. Mit Blick auf den hier in zeitlicher Hinsicht massgebenden Sachverhalt hat das kantonale Gericht mit in allen Teilen überzeugender Begründung - worauf verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 BGG) - zutreffend erkannt, dass die über den folgenlosen Fallabschluss (per 9. Mai 2021) hinaus geklagten Beschwerden nicht auf organisch objektiv ausgewiese, überwiegend wahrscheinlich unfallkausale Folgen der Auffahrkollision vom 8. August 2019 zurück zu führen sind. Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung in Zweifel zu ziehen vermöchte. Insbesondere macht er nicht plausibel, inwiefern aus abweichenden, medizinisch begründeten Einschätzungen seiner behandelnden Ärzte auf überwiegend wahrscheinliche, somatische Unfallfolgen zu schliessen wäre, welche über den 9. Mai 2021 hinaus die Arbeitsfähigkeit oder gesundheitliche Unversehrtheit in anspruchserheblicher Weise einschränken würden. Der Beschwerdeführer legt auch nicht ansatzweise dar, inwiefern das kantonale Gericht die Beweise bundesrechtswidrig gewürdigt habe. Nach dem Gesagten bleibt es dabei, dass Verwaltung und Vorinstanz zu Recht organisch objektiv ausgewiesene Unfallfolgen, welche über den 9. Mai 2021 hinaus einen Anspruch auf Leistungen nach UVG begründet hätten, ausgeschlossen haben. Soweit das kantonale Gericht in zulässiger antizipierter Beweiswürdigung (vgl. BGE 144 V 361 E. 6.5, 136 I 229 E. 5.3) auf weitere Abklärungen verzichtete, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, inwiefern von ergänzenden Beweismassnahmen entscheidwesentliche neue Erkenntnisse zu erwarten gewesen wären.  
 
4.2.  
 
4.2.1. Die Vorinstanz liess mit der Beschwerdegegnerin offen, ob der Unfall vom 8. August 2019 bei der Adäquanzprüfung nach der hier unbestritten anwendbaren Praxis zu den psychischen Unfallfolgen gemäss BGE 115 V 133 als mittelschweres Ereignis dem mittleren Bereich im eigentlichen Sinne oder nur dem mittleren Bereich an der Grenze zu den leichten Unfällen zuzuordnen sei. Mit Blick auf die Kasuistik (Urteil 8C_528/2021 vom 3. Mai 2022 E. 7.2.3 mit Hinweisen) ist der Unfall vom 8. August 2019 jedenfalls nicht bei den mittelschweren Unfällen an der Grenze zu den schweren Ereignissen einzustufen. Die adäquate Unfallkausalität der über den 9. Mai 2021 hinaus geklagten, organisch nicht objektiv ausgewiesenen Beschwerden könnte folglich praxisgemäss nur bejaht werden, wenn mindestens drei der sieben Adäquanzkriterien erfüllt wären oder eines besonders ausgeprägt vorläge (BGE 115 V 133 E. 6c/aa; SVR 2019 UV Nr. 41 S. 155, 8C_632/2018 E. 8.3; Urteil 8C_528/2021 vom 3. Mai 2022 E. 7.3 mit Hinweis).  
 
4.2.2. Das kantonale Gericht verneinte mit der Beschwerdegegnerin sämtliche der sieben Adäquanzkriterien. Der Beschwerdeführer macht einzig besonders dramatische Begleitumstände geltend, welche entgegen der Suva und der Vorinstanz auch unter Berücksichtigung des Urteils 8C_212/2019 vom 21. August 2019 E. 4.3.3 zu bejahen seien. Er zeigt jedoch nicht auf, und es ist nicht ersichtlich, inwiefern diese besonders dramatischen Begleitumstände hier sogar in ausgeprägter Form gegeben sein sollten. Folglich müssten zumindest zwei weitere der sieben Adqäuanzkritierien erfüllt sein, um die Unfalladäquanz zu bejahen (vgl. E. 4.2.1 i.f.), was der Beschwerdeführer jedoch nicht darlegt. Ob besonders dramatische Begleitumstände oder eine besondere Eindrücklichkeit des Ereignisses vorliegen, beurteilt sich objektiv und nicht aufgrund des subjektiven Empfindens bzw. Angstgefühls der versicherten Person (BGE 140 V 356 E. 5.6.1). An dessen Erfüllung sind deutlich höhere Anforderungen gestellt, weisen doch sämtliche der als mittelschwer qualifizierten Unfälle bereits eine gewisse Eindrücklichkeit auf (nicht publ. E. 3.5.1 des Urteils BGE 137 V 199; SVR 2019 UV Nr. 40 S. 149, 8C_53/2019 E. 5.3). Es sind keine Umstände ersichtlich, die dieses Kriterium mehr als nur in einfacher Weise als erfüllt erscheinen lassen. Daran ändert nichts, dass die achtjährige Tochter beim Unfall kurzzeitig - laut Bericht der Universitären Psychiatrischen Kliniken D.________ vom 19. Dezember 2019 ungefähr eine Minute lang - das Bewusstsein verlor und danach wie ihre Mutter und eine ihrer Schwestern für die Dauer von einer Nacht vor Ort hospitalisiert bleiben musste.  
 
4.2.3. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den übrigen Erwägungen der Vorinstanz zur Prüfung und Verneinung der Adäquanzkriterien nicht auseinander, weshalb es beim angefochtenen Urteil sein Bewenden hat.  
 
 
5.  
Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung (Art. 109 Abs. 3 Satz 1 BGG) erledigt. 
 
6.  
Der unterliegende Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die offensichtlich unbegründete Beschwerde (vgl. E. 5 hiervor) ist als aussichtslos im Sinne von Art. 64 Abs. 1 BGG zu bezeichnen (Urteil 8C_722/2021 vom 20. Januar 2022 E. 7 mit Hinweis; THOMAS GEISER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 22 zu Art. 64 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist daher abzuweisen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 1. Dezember 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Hochuli